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Goran Barjaktarevic, ehemaliger Profifußballspieler und Inhaber der DFB-Fußballlehrer-Lizenz weilte in dieser Woche in Göttingen. Er trainierte im Jahr 2007/08 den Goslarer SC, der sich am letzten Spieltag mit einem Sieg gegen die bis dahin ungeschlagende SVG Göttingen den Oberliga-Aufstieg sicherte. Das Fußballportal Gökick ließ sich diese Gelegenheit nicht entgehen und führte ein Interview mit dem 46-Jährigen über seine Zeit als aktiver Fußballer, über den Krieg auf dem Balkan und über seine Zeit als Trainer. Er hat viel zu erzählen...
Von Jan Steiger
Gökick:
Herr Barjaktarevic, Sie waren ein erfolgreicher Fußballspieler in verschiedenen Ländern und machten sich als Fußballlehrer in der Region Südniedersachsen einen Namen durch Ihre Erfolge beim Goslarer SC. Beginnen wir aber chronologisch, erzählen Sie uns doch einmal über die Ausbildung von Jugendspielern im ehemaligen Jugoslawien.
Goran Barjaktarevic:
Ich durchlief als Jugendspieler alle Altersstufen bei Celik Zenica, das war ein herausragender Jahrgang. Unsere Gegner waren zufrieden, wenn sie mit weniger als fünf Toren Differenz gegen uns verloren haben. Zudem durfte ich auch bei der Auswahl von Bosnien-Herzegowina meine Erfahrungen sammeln. Das ist vergleichbar gewesen mit der Niedersachsenauswahl. Ich wurde zum Trainingslager der Juniorennationalmannschaft eingeladen, kam aber leider in keinem Spiel zum Einsatz. In meinem Können hat damals wohl etwas gefehlt, oder die anderen Jungs waren noch besser. Ich glaube eher letzteres.
Gökick:
Worauf legten Ihre Jugendtrainer besonderen Wert in der Ausbildung der Spieler? Wie schätzen Sie die Ausbildung rückwirkend mit Ihrem heutigen Wissen ein?
Goran Barjaktarevic:
Im Bereich der Athletik, Koordination und Fitness wurde schon damals sehr akribisch gearbeitet. Für die Schnelligkeit machten wir Sprintübungen bergab und trainierten schon zu dieser Zeit mit Gummibändern – wie es in Deutschland unter Klinsmann aus der Vergessenheit wieder geweckt worden ist. Charakteristisch für die fußballerische Ausbildung waren Spielformen und Übungen in denen Ballbesitz, sowie Kurzpassspiel in dem Vordergrund standen. An jeden Spieler wurden hohe technische Anforderungen wie Passpräzision oder Ballannahme bei der höchsten Laufgeschwindigkeit, gestellt. Und alles noch beidfüßig dazu.
Gökick:
Auf welcher Position kamen Sie am häufigsten zum Einsatz?
Goran Barjaktarevic:
In unseren Spielen haben wir häufig die Positionen getauscht, viel rotiert, was wir auch sehr methodisch und strukturiert trainiert haben. Dank meinen, ich muss es betonen, sehr guten Trainern, ich war ein sehr flexibler Spieler, der alle Positionen der Zentralachse bekleiden konnte.
Gökick:
Wie verlief der Übergang in den Herrenbereich?
Goran Barjaktarevic:
Bereits im Alter von 17 Jahren erhielt ich meinen ersten Profivertrag bei Celik Zenica. Diesen musste damals mein Vater unterschreiben. Bei uns gab es damals keine U23 und so trainierte und spielte ich noch in der A-Jugend, nahm parallel aber auch an den Trainingseinheiten der Profis teil. Mit der A-Jugend wurden wir übrigens damals eine der besten Mannschaften Jugoslawiens. Nach der Juniorenzeit hatte ich als junger Spieler ein Problem – wie viele Jungs in diesem Alter. Dieses war meine fehlende Geduld. Ich kam nicht zum Einsatz, gerade so wie ich es dachte, dass es funktionieren soll, und wechselte dann sehr schnell in die 2. Liga zum FC Koper, einem Verein im heutigen Slowenien. Dort hatte ich das Glück, unter Milan Miklavic als Trainer arbeiten zu dürfen. Miklavic war selbst kein berühmter ehemaliger Fußballspieler, aber er war ein sehr anerkannter Fachmann in den Fußballkreisen der ehemaligen jugoslawischen Staaten. Bei der letzten WM-Teilnahme Sloweniens in Südafrika 2010 war er Co-Trainer. Er ist ein sehr guter Taktiker, Analytiker und Methodiker. In Deutschland kann man ihm am Besten mit Ralf Rangnick vergleichen.
Gökick:
Nach der Zeit beim FC Koper kam dann Ihr Wechsel zu Roter Stern Belgrad. Zu der damaligen Zeit eine der Top-Adressen im europäischen Vereinsfußball. Wie kam es zu diesem Wechsel und welche Spieler haben damals für Roter Stern gespielt?
Goran Barjaktarevic:
Im Winter des Jahres 1989 absolvierten wir mit Koper ein Vorbereitungsspiel gegen Roter Stern. Dieses haben wir zwar verloren, aber ich spielte nicht schlecht und erzielte ein Tor in dem Spiel. Roter Stern war damals eine wahnsinnig starke Mannschaft mit Spielern wir Saviecevic, Prosinecki, Mihajlovic, Jugovic usw.. Zu der Saison 1990/91 durfte ich dort mitmachen. Das war eine große Ehre für mich. Man darf nicht vergessen, dass nach der Einschätzung von vielen europäischen Fußballexperten die erste Liga Jugoslawiens damals zu den stärksten zählte.
Gökick:
Ziemlich genau zu dieser Zeit begannen die Unruhen in dem ehemaligen Jugoslawien. Wie haben sich diese auf den Fußball ausgewirkt und wie haben Sie diese persönlich wahrgenommen?
Goran Barjaktarevic:
Für mich persönlich bahnten sich furchtbare Dinge an. Irgendwelche primitiven Kreaturen, die sich übersetzt „Gesunde Nationalisten“ genannt haben, haben angefangen leise über anderen Nationalitäten und Religionen zu schimpfen. Dann sind sie lauter und lauter geworden, und dann plötzlich war das alles „normale Umgangssprache“. Die Gesellschaft hat sich in „Patrioten“ und „Verräter“ aufgeteilt und dann ging es sehr schnell in Richtung Bürgerkrieg. Das gleiche Szenario hat sich in allen ex-jugoslawischen Republiken abgespielt. Einer der so was nicht erlebt hat, kann sich nur sehr schwer vorstellen wie schnell das alles gehen kann. 1990 war Belgrad noch eine lachende und für alle offene Stadt, 1991 hat in dieser Stadt niemand mehr gelacht. Ich habe mich immer als Jugoslawen gesehen. Das war für mich ein Zustand des Geistes und nicht irgendwelcher politischen Optionen. Ich mochte das Leben miteinander. Als deutlich wurde, was passiert, entschied ich mich sehr schnell zu einem Wechsel in das Ausland. Ich war definitiv charakterlich und familiär mit allen Nationalitäten verbunden, es war mir immer klar, dass ich an dem Scheiß nicht teilnehmen werde. So kam es, dass ich im Januar 1992 die erste Gelegenheit nutzte, um das Land zu verlassen und wechselte in die erste isländische Liga.
Gökick:
Wie lange sind Sie in Island geblieben und was sind Ihre Erinnerungen an das Land?
Goran Barjaktarevic:
In meinem Heimatland herrschte Krieg. Überall auf der Welt sah man die schlimmen Fernsehberichte. Die Isländer waren eher unpolitisch und haben mir keine Fragen gestellt über die Ursachen und Schuldfragen. Das war Balsam für meine Seele. Island ist ein Land mit wunderschönen Landschaften und sehr freundlichen Menschen. Hieran habe ich tolle Erinnerungen, auch wenn es fußballerisch damals für mich eher eine Notlösung war. Zudem dauert die Saison in Island nur sechs Monate, danach waren sechs Monate Pause. Und so ging ich bereits im Oktober 1992 zurück nach Belgrad, um mich bei Roter Stern fit zu halten. Belgrad war nicht inmitten der Kriegszone wie meine Heimatstadt in Bosnien-Herzegowina.
Gökick:
Anschließend führten Sie Ihre Weltenbummelei fort und landeten in Marokko beim F.U.S. Rabat. Wie kam es zu dem Transfer nach Marokko und welche Erinnerungen haben Sie an diese Zeit?
Goran Barjaktarevic:
Die Anfrage kam offiziell durch den Verein Roter Stern. Das war natürlich das totale Gegenteil von Island. Wir spielten in der 1. Liga. Ich spielte mit großen Namen des marokkanischen Fußballs wie Ezaki Badou Zaki, der bis zum Februar dieses Jahres Nationaltrainer in Marokko war, oder Lamris und El Haddaoui zusammen. Das war die Saison 1993/1994. Die anschließende Spielzeit war ich bei Obilic Belgrad in der ersten Liga Serbien-Montenegros aktiv.
Gökick:
Anschließend kamen Sie nach Deutschland, wo Sie mittlerweile auch heimisch geworden sind. Welche Stationen durchliefen Sie hier als Spieler?
Goran Barjaktarevic:
1995 kam ich nach Deutschland. Zuerst war angedacht, dass ich zum SV Meppen in die 2. Liga wechsele, der Trainer damals war Horst Ehrmanntraut. Der SVM hatte aber bereits zu viele EU-Ausländer, so dass sich dieser Wechsel zerschlagen hatte. Ich landete beim SV Wilhelmshaven in der Regionalliga, der damals dritthöchsten Spielklasse. Der Trainer beim SVW war Wolf Werner. Später ging ich zu Atlas Delmenhorst, alles ohne Berater und nur mit Englisch-Kenntnissen. Dadurch war das alles noch ein bisschen schwerer für mich in dem Geschäft. Nachdem die Firma Atlas Pleite ging, war es auch mit dem höherklassigen Fußball in Delmenhorst vorbei. Nachdem sich ein Wechsel zum VFB Oldenburg zerschlagen hatte, lies ich meine Karriere beim VfL Oldenburg ausklingen. Beim VfL hatte ich eine schöne Zeit und viel Spaß am Fußball. Parallel begann ich mit meinen Trainer-Lizenzen. 1998 absolvierte ich erfolgreich die B-Lizenz und 2000 die A-Lizenz.
Gökick:
Nach Ihrem Karriereende blieben Sie in Oldenburg und begannen Ihre Trainerlaufbahn, allerdings beim VfB als U19-Trainer. Was haben Sie für Erinnerungen an Ihren Einstieg in das Trainergeschäft?
Goran Barjaktarevic:
Mir war es wichtig, dass ich den Trainerberuf mit allen Aspekten und Bereichen der Tätigkeit richtig erlerne. Noch in der Zeit, in der ich meine Trainerlizenzen gemacht habe, ist mir klar geworden dass die Begriffe – guter Fußballer – und – guter Trainer – nicht unbedingt Synonyme sind. Ich war vier Jahre Trainer der U19 beim VfB in einer sehr schwierigen Zeit, der Insolvenzzeit. Es ist uns dennoch gelungen vier Jahre die höchste Klasse, damals die Regionalliga, zu erhalten. Um genügend Spieler zu haben, musste ich sogar Sportler aus anderen Sportarten, die bis dato zum Beispiel Leichtathleten und Handballer waren, zuerst abwerben und dann komplett umschulen.
Gökick:
Ihr Ziel war immer der Erwerb der Fußballlehrer-Lizenz?
Goran Barjaktarevic:
Wenn ich mich schon entschieden habe, in einem Beruf dauerhaft zu bleiben, dann wollte ich auch unbedingt die höchste Qualifikation für diesen Beruf erwerben. Ja, das war mein großes Ziel. Die Voraussetzung hierfür war damals eine mindestens zweijährige Tätigkeit als Trainer mit der A – Lizenz in der höchsten U19-Spielklasse oder mindestens in der Regionalliga im Herrenbereich. Zudem gab es eine Wartezeit von 3 Jahren. 2005 absolvierte ich erfolgreich meine Fußballlehrerausbildung gemeinsam mit Thorsten Fink, Thomas Häßler, Oliver Reck, Heiko Vogel, Edgar Schmitt, Sven Köhler, Torsten Fröhling und anderen, heute sehr guten Trainern.
Gökick:
Später ging es für Sie als Nachfolger von Uwe Reinders als Trainer zum Brinkumer SV. Dieses war Ihre erste Station als Herrentrainer. Sie übernahmen den BSV nach einer desolaten Hinrunde mit nur sechs Punkten auf der Habenseite. Warum übernimmt ein Trainer am Anfang seiner Karriere einen Verein der schon praktisch am Ende der Hinrunde abgestiegen ist und wie verlief die Rückserie?
Goran Barjaktarevic:
Im Rahmen meiner Ausbildung zum Fußball-Lehrer habe ich damals bei Werder Bremen hospitiert. Trainer war Thomas Schaaf und Dieter Burdenski war Torwarttrainer. Gleichzeitig war Dieter in dem Verein Brinkumer SV aktiv und so kamen wir zu diesem Thema.
Dieter sagte mir, dass Uwe beim Brinkumer SV aufhören möchte und dass er einen Trainer sucht, und ob ich mir das vorstellen könnte. Obwohl mir klar war, dass ich persönlich dort keinen „Oscar“ gewinnen werde, habe ich die Situation des Vereins sehr gut verstanden und wollte dem Verein und Dieter helfen, ich konnte nicht nein sagen. Die Vorbereitung für die Rückserie war ziemlich turbulent, da viele Spieler den Verein in der Pause verlassen haben. Das alles ist damals in der Oberliga Nord passiert, die heutzutage eigentlich Regionalliga Nord heißt. Dennoch ging es bergauf im Vergleich zu der Hinrunde. Wir holten in der Rückrunde 22 Punkte. Diese Ausbeute reichte leider nicht für den Klassenerhalt, hierzu fehlten uns am Ende noch ein paar Punkte.
Gökick:
Anschließend wurden Sie Trainer beim Goslarer SC. Im Harz wirkten Sie sehr erfolgreich. Was war Ihr Erfolgsrezept beim GSC?
Goran Barjaktarevic:
Als ich in Goslar angefangen habe, war es das Ziel des Vereins und der Stadt innerhalb von zwei Jahren in die Regionalliga aufzusteigen. Dieses Ziel haben wir realisiert. Ich habe wert darauf gelegt, dass bestimmte Positionen mit bestimmten Charakteren besetzt wurden. Diese Charaktere waren kompatibel zueinander. Das Team verfügte über einen ausgesprochenen Siegeswillen. Diese Zeit war sportlich wahnsinnig erfolgreich im Verhältnis zu den fehlenden Strukturen und zu der mangelhaften Infrastruktur. Ich bin mir sicher, dass es der kostengünstigste Regionalliga-Aufstieg eines Vereins in der Geschichte der Oberliga Niedersachsen war.
Gökick:
Anschließend ging es für Sie wieder in den Jugendleistungsbereich und Sie trainierten zwei Jahre die U19 des BTSV Eintracht Braunschweig in der Regionalliga. Welche Erinnerungen haben Sie an diese Zeit und wo liegen die Unterschiede für einen Trainer im Umgang mit Senioren und Junioren?
Ich trainierte die U19 in Braunschweig in der Phase, als das Nachwuchsleistungszentrum sich im Aufbau befand. Dort stand die fußballerische Ausbildung an der ersten Stelle. Trotzdem war uns allen im Leistungszentrum klar, dass der Verein gerade aus dem Ausbildungsgrund mit allen Jugendmannschaften irgendwann in den höchsten Spielklassen spielen sollte. In meiner ersten Saison wurden wir 3. und in meiner zweiten Spielzeit 2.. Als Vizemeister qualifizierten wir uns für die Relegationsspiele zu der Bundesliga. In diesen trafen wir auf Dynamo Dresden. Meine Mannschaft war den Dresdnern leider unterlegen und Dynamo schaffte verdient den Bundesliga-Aufstieg. Als Trainer habe ich sowohl bei den Herren als auch bei den Junioren nach dem fast gleichen Prinzip, mit der ähnlichen Methodik gearbeitet. Einen Unterschied hat lediglich gemacht, dass ich die Jugendspieler nie unter Ergebnisdruck gesetzt habe. Auch als es um den Aufstieg in die Bundesliga ging. Rein physiologisch sind die Spieler in dem Alter genauso belastbar wie 25- oder 28-jährige Herrenspieler. Von der Mentalität her sind Jugendspieler häufig williger zu lernen, sie wollen sich verbessern.
Gökick:
Sind Sie als Trainer eher der Kumpeltyp oder ein Schleifer?
Goran Barjaktarevic:
Ich pflege einen sehr menschlichen Umgang mit den Spielern. Ich freue mich zum Beispiel sehr, wenn mich ehemalige Spieler nach sechs oder zehn Jahren anrufen, um mir mitzuteilen, dass sie Vater geworden sind. Durch den Fußball entstandene Freundschaften, glückliche Blicke der Spieler, dass sind die schönen Dinge an meinem Beruf. Zum Schleifer kann ich jedoch auch werden, wenn ich das Gefühl habe, dass die pädagogische Art ignoriert wird. Dann bekommen die Spieler zum spüren dass ich es auch nach anderen Art machen kann. Und dabei habe ich dann gar kein schlechtes Gewissen.
Gökick:
Welche fußballerischen Schwerpunkte bestimmen Ihre Arbeit mit einer Mannschaft?
Goran Barjaktarevic:
Ich möchte die Spieler vielseitig ausbilden, etwas wie moderne NBA-Basketballspieler. Der heutige Fußball stellt komplexe Anforderungen. Die Spieler müssen flexibel ausgebildet werden, ich bevorzuge ein Spiel mit viel Ballbesitz, sowie vielen Positionswechseln und Rotationen im Angriffsspiel. Eine gute Fitness und eine hohe Laufbereitschaft sind die Grundlage für erfolgreichen Fußball, wäre die Fitness nicht wichtig, dann wäre ich mit meinem heutigen Wissen ein besserer Fußballer als zu meiner aktiven Zeit.
Gökick:
Zuletzt waren Sie Trainer des Hammer SV, derzeit sind Sie ohne Engagement. Bilden Sie sich derzeit fort durch Hospitationen?
Goran Barjaktarevic:
Ich schaue mir aktuell sehr viele Trainingseinheiten von Kollegen an. Ich bin als Kiebitz viel unterwegs unter anderem auf Schalke, in Dortmund, in Leverkusen, in Münster, in Duisburg in Bochum,… In Nordrhein Westfalen liegen gute Vereine ziemlich dicht beieinander. Ich achte darauf, welche Schwerpunkte die Kollegen in den bestimmten Übungen setzen und welche Handlungen der Spieler sie korrigieren. Zu Hause vergleiche ich ihre Einheiten mit meinen und werte alles aus. Dabei bekommt man immer neue Ideen wie man die eigenen Methoden verbessern kann. Außerdem benutze ich viele Videoaufnahmen aus dem Internet um Schulungsvideomaterial und schneide dieses zusammen. Es wird immer wichtiger, den Spielern Fehler, aber auch gute Spielzüge visuell zu zeigen. Der Trainerjob kennt keine absolute Pause. Den Spruch „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel“ kann ich erweitern auf „Nach einem Verein ist vor einem Verein“. Um strukturiert arbeiten zu können, muss man sich auch sehr gut vorbereiten.
Gökick:
Welchen Verein übernehmen Sie als nächstes, reizt Sie auch das Ausland?
Ich habe nie einen Verein übernommen und werde dieses auch nie tun. Den Begriff übernehmen erlebe ich, als ob ein Verein primär ein Geschäftsmodell sei. Ich übernehme lediglich eine Aufgabe, eine Tätigkeit in einem Verein. Ein Engagement im Ausland wäre sehr reizvoll, ich würde sehr gerne meine eigenen Erfahrungen mit den Menschen überall in der Welt teilen und austauschen. Zudem wäre dieses eine Möglichkeit, meinen Horizont zu erweitern, neue Arbeitsweisen kennenlernen. Ich kann und will noch sehr viel lernen, da ich ganz sicher noch nicht der beste Trainer der Welt bin. Das habe ich zwar vor, nur weiß ich noch nicht wann.
Gökick:
Verfolgen Sie den Göttinger Fußball? Wie erfolgreich ist Fußball in Göttingen aus Ihrer Sicht?
Goran Barjaktarevic:
Göttingen ist eine wunderbare Stadt, und ich bin der Meinung, dass die Stadt einen stabilen Drittligisten perspektivisch beheimaten könnte. Das ist etwas was ich mir, beziehungsweise der Stadt wünsche. Jetzt aber realistisch. Das kann aber kein Trainer nur durch sein Engagement alleine auf dem Trainingsplatz erreichen. Zur Zeit steht die SVG Göttingen auf dem 3. Platz in der Oberliga und das ist für mich ein Beweis dafür, dass dort gut gearbeitet wird. Um beurteilen zu können, ob das ein Erfolg ist oder nicht, muss man die ganzen Bedingungen, unter denen dort gearbeitet wird, nüchtern analysieren. Erfolg ist nicht, immer Erster zu sein und aufzusteigen. Manchmal ist Erfolg auch mit erhobenen Haupt abzusteigen.
Entscheidend ist dabei meistens, wer darf und kann beurteilen, wer hat etwas zu sagen. Derzeit zum Beispiel wäre es ein größerer Erfolg als Trainer mit dem 1. SC Göttingen 05 in der Landesliga den Klassenerhalt zu erreichen, als mit der SVG den Aufstieg zu schaffen. Dabei berücksichtige ich die gesamte mentale Lage bei den zwei Mannschaften. Das Besondere in Göttingen sind die 05-Fans, diese sind an der Grenze zum Wahnsinn. Ich erinnere mich sehr gut an ein Aufstiegsspiel in Goslar gegen die Spielvereinigung, als uns damals die 05-Fans unterstützen. Das war ein super Gag, für mich war das lustiger Trotz: Wenn wir Euch schon nicht schlagen, dann ist da irgendwo ein Verein, der Euch schlägt.
Nicht nur aus diesem Grund wünsche ich den 05-Fans den Klassenerhalt von ganzem Herzen.
Gökick:
Herr Barjaktarevic wir bedanken uns bei Ihnen für das interessante und kurzweilige Interview und wünschen Ihnen alles Gute für die Zukunft.