Mit Interesse lese ich die beiden Berichte auf der Seite des Protals „Goekick.com“. Ich, als betroffener Trainer möchte einmal beschreiben was übrig bleibt, wenn die Heuschrecken durchgezogen sind. Denn darum geht es! Es geht um Kinder und nicht um Handelsware. Ich trainierte, gemeinsam mit zwei weiteren Trainern in der letzten Saison die D-Jugend-Mannschaft der JSG Hardegsen, Jg. 2006/07. Wir sind ein Zusammenschluss der Vereine aus Hardegsen, Hettensen, Ellierode und Gladebeck.

Von Stefan Bense

Es ist uns gelungen beim Sparkassencup 2016 zunächst im Bezirksturnier die Mannschaft aus Northeim und Göttingen (auch den 1. SC Göttingen 05) hinter uns zu lassen. Im Finale in Barsinghausen sind wir im Halbfinale gegen die LZ-Mannschaft des VFL Wolfsburg ausgeschieden.

Später im Jahr sind wir dann Kreismeister der E-Jugendkreisliga des NFV Northeim Einbeck geworden.

In unserer D-Jugendsaison sind wir ebenfalls erfolgreich gestartet und waren ungeschlagen auf Titelkurs. Das wir dann letztlich zweiter wurden ist eine Ironie des Schicksals, da wir das letzte gemeinsame Punktspiel einer sehr erfolgreichen Zeit nicht gewonnen sondern verloren, und so die Meisterschaft noch verloren haben.

Was war passiert?

Während der Hallenkreismeisterschaft im Frühjahr 2018 begannen Gespräche zwischen Eltern und Herrn Steiger über Wechsel unserer Kinder zur neuen Saison. Diese Kinder wurden dann bei Turnieren des 1.SC 05 ausprobiert. Innerhalb der Wochen bis zur Rückserie entschieden sich 6 der 8 angesprochenen Kinder das Angebot anzunehmen. Die Aussicht auf große Turniere und hervorragende Ausbildung gab dabei den Ausschlag. Diese Entscheidung ist für jeden, der das so möchte, absolut nachvollziehbar und verständlich. In der Menge ist es nur das Ende einer guten ambitionierten Mannschaft. Das wird nur oft vergessen. Bei 60-70 neuen Kindern, wie viele Mannschaften hat der 1 SC Göttingen 05 kaputt gemacht?

Somit war für uns klar, dass aus der 14 köpfigen Mannschaft am Ende der Saison noch 8 Kinder bleiben. Mit dieser Motivation sind dann alle (die einen halb weg, die anderen vor einer ungewissen Zukunft) in die Rückserie gegangen. Das hat richtig Spaß gemacht! Dafür gilt mein persönlicher Dank den Verantwortlichen, vor allem Herrn Steiger. Ich, als einziger verbleibender Trainer, stand vor der Entscheidung alles hinzuschmeißen. Warum Kinder weiter etwas beibringen, die der Mannschaft den Rücken kehren? Schwere Entscheidung wenn man seit sieben Jahren die Mannschaft aufgebaut hat.

Für die 8 Übriggebliebenen musste es aber auch weiter gehen. Wir haben eine Kooperation mit einer anderen Mannschaft gemacht und freuen uns auf die neue Saison. Tolle Mannschaft, tolle Kinder!

Wir werden aber nie gegen 05 D-Jugend spielen, weder in Punktspielen noch in Turnieren. Es gibt andere Mannschaften mit denen man sich messen kann. Warum gegen jemand spielen, der sich so schlecht benimmt.

Gerade die D-Jugend wird mit einem Kader von 22 Spielern bei 9 Spielern auf dem Feld eine Auswahl treffen. Auch ist zu erwarten, dass man sich mit vermeintlich noch besseren Spielern verstärkt und die einst so gepriesenen dann nicht mehr gebraucht werden, und sich einen neuen Verein suchen müssen. Oder aufhören?
Kreisliga Göttingen mit einer solchen Auswahl. Wo sind da der Sinn und die Weiterentwicklung? Was nützt es dem Kind jedes Spiel hoch zu gewinnen? Gegen wen will man sich noch messen, wenn man von allen anderen Mannschaften im Umkreis von 30 km die besten Spieler holt?

Was die Jugendmannschaften des 1. SC Göttingen 05 angeht wünsche ich allen Kindern, dass Sie Ihren Traum verwirklichen können und die hervorragende Ausbildung genießen. Wir werden sehen wie viele von diesen Kindern den Sprung in den bezahlten Fußball schaffen und Ausbildungsentschädigungen einspielen. Aber das eigentliche Ziel ist es ja, wie der SC 05 angekündigt hat, die baldige Rückkehr in die Regionalliga. Wir werden sehen!

Es ist allerdings nicht unsere Aufgabe über die Wechsel im Jugendbereich zu urteilen. Auch der 1. SC Göttingen 05 hat nichts Verbotenes getan. Das Problem liegt wo anders.

So wie Eltern ihre Kinder zum Test für Hochbegabung bringen wird auch der Glaube an eine internationale Karriere als Fußballspieler überschätzt. Was bitte sollen die Kinder denn werden? Superfußballer, Abi 1.0, Jurastudium, musikalische Ausbildung….

Das Problem setzt meines Erachtens schon in den Kreisauswahlen und Stützpunktmannschaften an.
Hier wird 9-jährigen erzählt, sie seien etwas Besonderes und besser als ihre Mannschaftskammeraden. Wieviel Spaß macht es dienstags mit „untalentierten“ Kindern zu spielen, wenn ich montags mit „Supertalenten“ gespielt habe, wo mehr Pässe ankommen und mehr Tore geschossen werden. Dort wird die Kultur gesät. Und ist die Ausbildung dort besser? Als Unterstützung für Kinder die Lust haben über das Mannschaftstraining hinaus mehr zu machen ist es eine sehr gute Einrichtung, aber der Tenor der Trainer und Verantwortlichen muss ein anderer sein. „Helft als bessere Spieler den Kindern in euren Mannschaften auch besser zu werden. Seit ein Vorbild in euren Vereinen und die Spieler, denen die F-Jugendlichen nacheifern.“

Nun bin ich ja nicht nur Trainer sondern auch Vater. Mein Sohn gehört zu den 8 „untalentierten“. Was sage ich ihm, der seit dem 5. Lebensjahr mit Interesse aber nicht dem unbändigen Willen Profi zu werden, auf dem Dorf Fußball spielt. „Wir müssen die Mannschaft auflösen. Aber sei stolz, du hast mit geholfen, dass vielleicht mal einer der ehemaligen Kammeraden Profi wird.“

Er sagt: „Papa, was ist denn los? Spieler kommen und Spieler gehen. Wir finden eine neue Mannschaft und dann spielen wir nur weil es uns Spaß macht.“


Foto: pixabay

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