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Am Montag wurde Yannick Schade beim Landesligisten TSV Landolfshausen als Trainer entlassen. In Anbetracht von nur 15 Punkten aus 20 Spielen eigentlich eine ganz normale Angelegenheit. Übungsleiter Schade, gerade einmal 26 Jahre alt, hat sich seinen Start als Herren-Trainer sicherlich anders vorgestellt, als mit dieser mitleiderregenden Bilanz. Doch während andere gescheiterte Versuche, Jugendtrainer als Chefcoaches in semi-professionellen Spielklassen zu etablieren, eher Anteilnahme in der Fußballszene erregen, können einige fachkundige Beobachter und wiederum andere, mit großem Engagement tätige Fußballexperten der Region, ihre Schadenfreude kaum verhehlen. Warum?
Yannick Schade, B-Lizenz-Inhaber, wie viele andere Trainer in der Region, polarisiert. Sein Auftreten wurde von vielen seiner Kollegen als arrogant bezeichnet. Als Fußballer eher mit durchschnittlichem Bezirksliga-Können ausgestattet, hat er mit einigen Äußerungen in der Öffentlichkeit seine Kollegen brüskiert. Im Göttinger Tageblatt wurde er vor seinem Amtsantritt im Vorjahr zitiert: „Ich werde bestimmt anstoßen, weil ich wie Thomas Tuchel mit den gängigen Regeln brechen will“. Das scheint ihm gelungen, denn schon mit seinem nächsten Satz hat er bei seinen Trainer-Kollegen allgemeines Kopfschütteln erregt: „Es werden die gleichen Übungen übernommen, ohne wissenschaftlich zu hinterfragen, ob sie sinnvoll sind. Außerdem werden ehemalige Oberliga-Spieler in den Himmel gehoben, selbst wenn sie nur noch mäßige Kreisliga-Akteure sind“, schätzte er, bevor er auch nur einen einzigen Punkt in einem Pflichtspiel als Cheftrainer errungen hatte, die Arbeit der regionalen Trainer-Gilde ein. Dass Schade mit seiner Idee, die Spielintelligenz seiner Spieler, weg vom Schablonendenken zu entwickeln, gescheitert ist, dürfte ihm niemand verübeln, dass er aber äußerte, kämpfende Teams könnten kein Fußball spielen, hat sich nicht nur den meisten Trainern, von denen viele weit höher als Schade gespielt haben, nicht erschlossen.
Offensichtlich besitzt Schade sehr gute Kenntnisse der Sportwissenschaft. Allerdings ist der Fußball zu multidimensional, um ein erfolgreiches Zusammenwirken aller Ressourcen auf die Trainings- und Taktik-Arbeit zu reduzieren. Die zwischenmenschliche Komponente sei, so wird aus Landolfshausen berichtet, nicht die Stärke Schades gewesen. Schon zur Halbserie haben wichtige Spieler den Verein aufgrund des Führungsstils von Schade verlassen, andere drohten dies an. „Er ist ein wenig beratungsresistent!“, soll ein Entscheider des TSV seinen Trainer vorsichtig ironisch eingeschätzt haben. Schade zog seine Linie durch, was ihm zur Ehre gereicht, doch fehlte ihm offensichtlich jene Gabe, sein Team von der Erfolgsaussicht seines Weges zu überzeugen. Schon beim 1. SC Göttingen 05, wo Schade zuvor als A-Jugend-Co-Trainer von Arunas Zekas tätig war, wird hinter vorgehaltener Hand seine Persönlichkeit ambivalent beurteilt. „Fachlich hervorragend, menschlich eher schwach.“, schätzte eine Führungsperson des Vereins mit dem Traditionsnamen ein. Aufgefallen sei dort vor allem, dass einige Abschnitte von Schades Vita in der Fußballschule des FC St. Pauli von ihm selbst aufgeschönt gewesen sein sollen.
Die erste Station als Herren-Trainer war für Schade, der im Tageblatt-Bericht geäußert haben soll, er träume von einer Karriere bei einem Profiklub, unter Umständen lehrreich. Zumindest hat sie gezeigt, dass bei jungen, unerfahrenen Trainern der Grat zwischen Selbstbewusstsein und Hybris sehr schmal sein kann. Ohne jeglichen Erfolg als Startbasis sollten harte Arbeit und Demut Handlungsalternativen sein. Wie einst Ikarus kam Schade, der scheinbar glaubte, mit Lehrbuchwissen und einigen wissenschaftlichen Testreihen den Stein der Fußballweisheit gefunden zu haben, der Sonne zu nahe und stürzte böse ab. In Sport-Journalisten-Kreisen wird er inzwischen scharfzüngig nur noch als „Erfinder des Fußballs“ bezeichnet, wohl auch, weil er die Kollegen beim Vorstellungstraining fast eine Stunde warten ließ, um seine Übungsreihe zu beenden.