Sina Ruez ist nicht nur Spielerin des Fußball-Oberligisten FC Eintracht Northeim sondern auch Schiedsrichterin in unserem NFV Kreis Northeim/Einbeck. Sie liebt die Schiedsrichterei als ihr Hobby. Doch der Umgang zwischen Spielern, Trainern, Fans und Schiedsrichtern trübt ihre Leidenschaft immer wieder. REGIOKICK veröffentlicht ihren Aufruf zu mehr Respekt und – bei allen Emotionen – mehr Entspanntheit auf und neben dem Platz. Gleichzeitig möchte sie andere animieren, ihre Leidenschaft zu teilen: "Werdet Schiri!" Am Freitag, den 23. August startet bei uns im NFV-Kreis der nächste Anwärterlehrgang. Meldet euch bei eurem Verein oder auf der Homepage der Schiedsrichtervereinigung Northeim/Einbeck an und werdet Teil einer Schiedsrichter-Mannschaft


Ich bin Sina, 20 Jahre alt, Schiedsrichterin im NFV-Kreis Northeim-Einbeck und spiele Fußball beim FC Eintracht Northeim in der Oberliga Niedersachsen . Fußballverrückt war ich eigentlich schon immer. Meinen Schiedsrichterschein habe ich dann vor zweieinhalb Jahren gemacht, damals im Rahmen eines FSJ im Sport. Zu dem Zeitpunkt habe ich drei Jugendmannschaften bei der JSG Uslar/Solling trainiert und nebenbei selbst Fußball gespielt. Durch den Beginn meines Studiums musste ich den Trainerjob zwar aufgeben, der Schiedsrichterei und dem Fußballspielen bin ich jedoch bis heute treu geblieben. Das ist insbesondere bei den Jungschiedsrichtern keine Seltenheit, viele spielen nebenbei noch selbst aktiv Fußball.

An mein erstes Spiel kann ich mich noch genau erinnern: Es war an meinem 18. Geburtstag, draußen bitterkalt, ich extrem nervös. Das Spiel lief trotzdem gut und für mich stand danach fest: Das will ich weitermachen! In den ersten Spielen steht den Neulingen immer ein Schiedsrichterpate zur Seite, das fand ich besonders klasse. Mittlerweile stehe ich dafür auch selbst zur Verfügung und begleite unsere jungen Schiedsrichter zu ihren ersten Einsätzen. Da man von Beginn an auch schon oft als Assistent unterwegs ist, hatte ich die Möglichkeit, bei vielen Spielen in der Herren-Bezirksliga oder Junioren-Niedersachsenliga mit dabei zu sein.
Besuch von Bibiana Steinhaus

„Ich bin sehr gerne Schiedsrichterin. Aber den Umgang zwischen Spielern, Trainern und Schiedsrichtern finde ich teilweise grenzwertig“

Besonderen Charakter haben dabei die Pokalendspiele. In meinem ersten Jahr konnte ich beim A-Junioren Bezirkspokal-Endspiel assistieren und bereits in der darauffolgenden Saison das Kreispokal-Endspiel der C-Junioren selbst leiten. In diesem Jahr habe ich zum ersten Mal ein Kreispokalfinale der Frauen mit eigenen Assistenten geleitet.

So ein Spiel zu pfeifen, ist allein schon ein tolles Gefühl, aber als Team unterwegs zu sein und nie alleine dazustehen, ist für mich die schönste Seite an der Schiedsrichterei, die Gemeinschaft, der Zusammenhalt. Alle sind sich der Aufgabe bewusst, die vor einem liegt. Auch die DFB-Schiedsrichter nennen sich selbst „das 19. Team der Bundesliga“. Und genauso ist es auch bei uns. Man fühlt sich als Teil einer Mannschaft, auch wenn man am Wochenende allein auf dem Platz steht. Danach kommt man an den Lehrabenden wieder zusammen oder tauscht sich in der WhatsApp-Gruppe aus.

Auch die regelmäßigen Events außerhalb des Sportplatzes gefallen mir. Ein Besuch im Weserstadion, gemeinsame Grillabende oder coole Fußballturniere, zu denen auch mal Bibiana Steinhaus vorbeischaut. Über das Jahr hinweg ist total viel geboten. Ihr merkt also: Die Schiedsrichterei ist viel mehr als sich jedes Wochenende anpöbeln zu lassen, in jedem Spiel der Sündenbock zu sein. Mehr als Diskussionen um Handspiele und den Video-Assitenten. Es bedeutet Verantwortung zu übernehmen, Entscheidungen zu treffen und mit 22 unterschiedlichen Charakteren auf dem Platz umzugehen. Eine ganz schöne Herausforderung? Ja, das ist es! Mit Gemeinschaft, Teamgeist und tollen Erfahrungen wird man dafür belohnt. Daher würde ich auch jedem empfehlen, sich in seinem Kreis über den nächsten Anwärterlehrgang zu informieren und es selbst auszuprobieren – nettes Taschengeld und freier Eintritt zu allen Bundesligaspielen inklusive.
Übertrieben und unangebracht

Und trotzdem beschäftigt mich ein Thema, über das ich gerne mit Euch gemeinsam nachdenken würde: Ich bin sehr gerne Schiedsrichterin und lerne dadurch unheimlich viel. Aber den Umgang zwischen Spielern, Trainern und Schiedsrichtern finde ich teilweise grenzwertig. Natürlich passieren uns Schiedsrichtern auch manchmal Fehler, die uns selbst am meisten nerven. Aber seien wir ehrlich: Auf dem Platz ist keiner frei von Fehlern.

Stellt es euch nur mal kurz vor: Ihr verschießt für eure Mannschaft einen Strafstoß. Sofort laufen drei Spieler eurer Mannschaft auf euch zu und beschimpfen euch. Euer Trainer stürmt auf den Platz und schreit euch an. Ihr habt Angst, dass euch im nächsten Moment jemand umstößt. Übertrieben? Unangebracht? Genau. Weder die Spieler noch die Schiedsrichter machen Fehler mit Absicht.

Wäre es deshalb nicht toll, wenn wir wieder mehr Respekt füreinander empfinden? Ich stehe selbst regelmäßig als Spielerin auf dem Platz und habe viele Spiele als Trainerin an der Seitenlinie miterlebt. Fußball ist emotional, ja, aber täte uns manchmal nicht ein bisschen mehr Entspanntheit gut? Unterm Strich verfolgen wir doch alle – Spieler, Trainer, Fans, Schiedsrichter – dasselbe Ziel: eine schöne Zeit mit der schönsten Nebensache der Welt!

Autorin: Sina Ruez