Im stolzen Alter von 35 Jahren denkt er noch lange nicht daran aufzuhören: "Ich möchte noch so lange spielen, wie meine Knochen mich tragen!", sagt Yusuf Beyazit, Spielmacher und Dauertorschütze beim Bezirksligisten SG Lenglern. Dass seine Knochen noch gut in Schuss sind, zeigt der aus Adelebsen stammende offensive Mittelfeldspieler Wochenende für Wochenende. 146 Tore erzielte er in den 30 Monaten, seit er für das Team von Trainer Dirk Tauber aufläuft.

Nach dem Abstieg aus der Kreisliga vor zweieinhalb Jahren wurde der ehemalige Bovender Trainer Dirk Tauber mit dem Neuaufbau bei der SG Lenglern beauftragt. Gerüchte halten sich bis heute hartnäckig, dass der Verein diese Aufgabe auch mit Hilfe einiger potenter Sponsoren angehen wollte. Spieler wie Andreas Aulepp, Paul Kleinschmidt oder Johannes Schweiger sollten mit ihrem Können die Trendwende einläuten. Ein ganz wichtiger Mosaikstein in den Planungen des neuen Trainers war die Personalie Yusuf Beyazit. Der stand damals nach dem Rückzug des TSV Holtensen aus der Landesliga und dem gesamten Spielbetrieb ohne Verein da. Dirk Taubert nutzt die Gunst der Stunde und konnte Yusuf vom Konzept der SG überzeugen. Beide Seiten haben es nicht bereut! Im ersten Jahr in der 1. Kreisklasse konnte Yusuf mit seinem 69 Toren einen wichtigen Beitrag zur Rückkehr in die Kreisliga leisten. Im zweiten Jahr, der den Durchmarsch durch die Kreisliga bringen sollte, war Yusuf 59 Mal erfolgreich. Mit Hilfe seiner Tore konnte das prestigeträchtige Duell mit dem Nachbarn Bovender SV, der ebenfalls stark aufgerüstet hatte, gewonnen werden. Und auch in dieser Saison konnte Beyazit in der Bezirksliga in 17 Spielen bereits 18 Treffer erzielen. Damit führt er die Torschützenliste der Liga vor Björn Denecke (TSV Bremke/Ischenrode 14) und Keven Ball (Südharz 13) mit einigem Vorsprung an.
„Obwohl ich bei Dirks Anruf schon weit über 30 Jahre alt war, hatte ich Bock, in Lenglern noch einmal etwas aufzubauen!“, spricht Beyazit über seine Motivation. Obwohl er etwas kürzer treten wollte, spielt er jetzt schon wieder überregional in der Bezirksliga. Dennoch macht es ihm viel Spaß in der Klasse. „Viele Derbys machen gerade diese Liga so interessant!“, erklärt der offensive Mittelfeldspieler, warum er Offerten aus höheren Spielklassen immer wieder ablehnt.

Zumal er die SG in den 30 Monaten schätzen und lieben gelernt hat. „Unser Team ist eine super Truppe mit geilen Typen! Menschlich habe ich noch nichts besseres erlebt!“, nennt er Gründe, warum er auch mit 35 Jahren weiter in dieser Mannschaft spielen will. Weil für die SG die Bezirksliga Neuland sei, müssten im Umfeld noch einige Anpassungen erfolgen. Doch das Funktionsteam um den Trainer und den engagierten Fußballfachwart Jens Schiele ist dabei, die Infrastruktur entsprechend zu ändern. Die Renovierung der Kabinen, die zu Beginn der Saison einige Schwierigkeiten für die Mannschaft und die Gäste brachte, ist abgeschlossen und auch der Platz wird den Anforderungen der Bezirksliga angepasst.

Mit den Leistungen im ersten Bezirksliga-Jahr ist Yusuf sehr zufrieden. Nach einem starken Start als Aufsteiger mit fünf Siegen und einem Remis aus den ersten sechs Spielen folgte ein schwächere Phase mit durchwachsenen Ergebnissen. Dem 2:4 auf eigenem Platz gegen den Tabellenletzten SV Germania Breitenberg folgte nach dem 1:1 daheim gegen den TSV Bremke/Ischenrode der grandiose 7:1-Sieg in Grone, wo einige der Lenglerner Akteure früher spielten. Anschließend folgen vier Niederlagen in Folge (daheim gegen Landolfshausen 0:3, daheim gegen Nörten 2:3, in Markoldendorf 4:2 und daheim gegen Südharz 0:4). Aus den letzten vier Spielen gab es dann zwei Siege und zwei Remis. Das bedeutete am Ende des Jahres 2013 Platz sechs mit 25 Punkten aus 17 Spielen. „Für das erste Jahr ganz in Ordnung!“, meint Yusuf, wenn er auch hofft, in der Rückrunde noch einige Teams an der Spitze der Tabelle ärgern zu können und vielleicht noch ein paar Plätze in der Tabelle klettern zu können. Dabei ist er zwar stolz auf seine vielen Tore, doch er weiß, dass das nur in einer intakten Mannschaft möglich ist. „Ohne die Vorbereitung durch das Team von der Balleroberung bis zur Torvorlage sind meine Treffer nicht machbar!“, ist sich auch ein Torjäger des alten Fußball-Prinzips bewusst. Sein Trainer wird dafür sorgen, dass das Team auch in Zukunft Erfolge feiern kann. „Dirk ist ein sehr akribischer Arbeiter. Er ist bei jedem Training oder Wettkampf sehr gut vorbereitet und macht sich sehr viele Gedanken über das Team. Er ist sich – im Gegenteil zu vielen seiner Kollegen – nicht zu schade, die Gegner zu beobachten, wenn es der Spielplan zulässt!“, lobt Yusuf seinen aktuellen Coach, den er oft als Assistent unterstützt.
Begonnen hat Yusuf seine Karriere in seinem Heimatort beim TSV Adelebsen im Alter von sieben Jahren. Dann lockte ihn sein Auswahltrainer Rainer Nickel zur SVG Göttingen, wo Nickel auch die B-Jugend trainierte. In der A-Jugend wurde Yusuf dann in der Niedersachsenliga von Lutz Renneberg, der Organisator von Europas größtem A-Jugend-Hallenturnier in der Lokhalle ist, trainiert.

Im ersten Herrenjahr in der Oberliga – damals dritthöchste Liga in Deutschland – unter Trainer Helmut Latermann zog sich Yusuf ausgerechnet im Testspiel gegen den Bundesligisten SV Werder Bremen einen Mittelfußbruch („Dieter Eilts hat mich an der Außenlinie gefoult!“) zu, was ihn im Kampf um einen Stammplatz im Team zurückwarf. Er gehörte nach seiner Genesung zwar weiter zum Kader der Oberliga-Elf, spielte aber meist in der zweiten Mannschaft.

Willi Rusteberg holte den unzufriedenen Yusuf dann zum TSV Holtensen in die Landesliga, wo später unter Trainer Norbert Böning das Geld ausging und er zu Sparta Göttingen wechselte. Zuerst unter Trainer Hansi Kulle, später unter dem Göttinger Fußballidol Calle Dybowski gelang Sparta der Aufstieg zur Göttinger Nummer eins von der Bezirksliga bis zur Niedersachsenliga. Yusuf war in den fünf Jahren bei Sparta Bestandteil des „Magischen Dreiecks“, das mit Attila Kaplan (jetzt Trainer bei Rot-Weiß Göttingen) und Enrico Weiß (spielt aktuell beim Bovender SV) die gegnerischen Verteidiger das Fürchten lehrte. „Calle Dybowski war mein bester Trainer!“, erinnert sich Yusuf. „Seine Ansprache vor dem Spiel sorgte bei jedem Sparta-Spieler für Gänsehaut und eine großen Adrenalin-Schub!“.

Yusufs Zeit bei Sparta endete abrupt: Während des Göttinger Hallenturniers eskalierte ein Wortgefecht mit Rene Weska in einer Handgreiflichkeit, worauf Yusuf Sparta umgehend verließ. Nach fünf Jahren Sparta ging es für ihn noch einmal zum TSV Holtensen, der 2010 sein Team aus dem Spielbetrieb zurückzog. Dann folgte der Anruf von Dirk Tauber und die Erfolgsgeschichte in Lenglern begann.

Fast wäre Yusuf im bezahlten Fußball gelandet. Als A-Jugendlicher bestach Yusuf bei Rennebergs Hallen-Turnier – damals noch „Mc Donalds-Cup“ – mit vielen Toren. Darauf wurde er von einem gewissen Herrn Mirko Slomka, damals noch A-Jugend-Trainer von Hannover 96, angesprochen. Doch Yusuf wollte die Heimat nicht verlassen und lehnte die Offerte ab. Später, als er den Sprung gewagt hätte, blieb ein Probetraining beim Regionalligisten Eintracht Braunschweig ohne positives Ergebnis. Und so blieb er als einer der besten Spieler unserer Region erhalten.

Heute wohne Yusuf mit seiner Frau und seinem 2 Jahre alten Sohn in Marzhausen bei Friedland. Er arbeite bei der Göttinger Filiale der Firma Heil & Sohn und hofft, dass er seine Quote von mehr als zwei Toren pro Spiel auch in Zukunft fortsetzen kann. Und später, wenn die Knochen ihn nicht mehr tragen wollen, dann könnte sich Yusuf auch vorstellen, als Trainer seine Erfahrungen an junge Aktive weiterzugeben.

Ausblick

Die SG Lenglern beginnt die Rückrunde der Bezirksliga am 9. März mit dem Heimspiel gegen das Team von SV Bilshausen. Dessen Trainer Thomas Hellmich wohnt in Lenglern und trainierte einst auch die SG. Deshalb steckt in der Partie eine gewisse Brisanz.