Dass der Angriff Spiele gewinnt und die Abwehr Meisterschaften, ist eine oft zitierte Fußballweisheit, die übrigens statistisch nicht nachweisbar ist. In der Kreisliga Süd geht jedoch diese Rechnung – zumindest bisher – auf. Der Spitzenreiter SV Groß Ellershausen/Hetjershausen hat mit 32 erzielten Toren nur den viertbesten Angriff – hier ist der Tabellenfünfte Seulingen mit 41 Treffern das Maß der Dinge - aber mit nur 19 Gegentreffern gemeinsam mit dem SV Türkgücü Münden die beste Abwehr. Maßgeblich beteiligt an dieser starken defensiven Bilanz des Liga-Primus ist der 1,95 Meter große Torwart Florian Knauf. Er sprach mit Gökick über seine Sicht auf die bisherige Saison.

Für „Floppy“, wie Florian seit frühester Kindheit von Freunden gerufen wird, ist der Erfolg in dieser Saison kein Zufall. „Bei uns ist jeder für den anderen da!“, beginnt er seine Begründung für die Leistungen, die das Team an die Spitze der Liga gespült haben. Das Team sei kein zusammengewürfelter Haufen. Sein Trainer und gleichzeitig Halbbruder Matthias – beide sind stolze Söhne des ehemaligen 05-Spielers Ferdinand Knauf – achte in enger Zusammenarbeit mit Co-Trainer Christian Ernst darauf, dass neue Spieler fußballerisch und menschlich passten. „Da wir vor der Saison kaum Abgänge zu verzeichnen hatten, sind wir extrem gut eingespielt.“, so der Borussia-Dortmund-Fan weiter. Zudem sorge der große Kader der SV dafür, dass Verletzungen besser verkraftet werden konnten, als noch in den beiden vergangenen Spielzeiten, seit Floppy im Westen Göttingens spielt. Mit Steve Piper vom Bezirksligisten SG Lenglern habe das Team einen erfahrenen Defensiv-Spezialisten gewonnen, der viel Ruhe ausstrahlt. Davon profitierten die jungen Leute neben ihm. Er und Kapitän Marcel Geisler seien im Team die Führungspersönlichkeiten, die auf dem Platz die Richtung vorgeben würden. Und mit Maxi Lieseberg besitzt der Spitzenreiter einen jungen Mann, der „immer goldrichtig steht“. Mit 11 Treffern belegt der schnelle Außenstürmer Platz drei der Torjäger-Statistik der höchsten Spielklasse des Fußballkreises. Allerdings verschließt Florian die Augen nicht vor den kritischen Situationen, denen das Team ausgesetzt ist: „Nur wenn alle elf Spieler ihre Aufgabe erfüllen, können wir siegen. Fällt auch nur ein Spieler aus, ist unser System angreifbar!“, spielt er auf das Fehlen von Individualisten an, die oft mit der Phrase „können ein Spiel allein entscheiden“ beschrieben werden. Nach den sieben Siegen zum Saisonauftakt, habe sich später gelegentlich der zu vermeidende Schlendrian eingeschlichen. Gerade bei den Spielen in Bovenden (0:2) und in Groß Schneen (3:4) habe das Team eine Halbzeit verschlafen. Im Heimspiel gegen den RSV Göttingen 05 (0:5) dehnte sich das sogar auf die gesamten 90 Minuten aus. Aber die positiven Erlebnisse in der Hinrunde überwiegen. Beim Kantersieg gegen den FC Lindenberg (9:1) sei alles gelungen, beim Erfolg in Seulingen (4:2) habe die Mannschaft phasenweise perfekten Fußball zelebriert. Einen großen Beitrag am Erfolg schreibt Floppy auch dem Funktionsteam um seinen Trainer und Bruder Matthias zu. Sie hielten das Team bei Laune und sorgten für eine kontinuierliche Weiterentwicklung. Und ohne die gute Seele des Teams, Betreuer Heiko Bülow, ginge in Groß Ellershausen ohnehin nichts. „Er macht alles für die Mannschaft!“, lobt Floppy den Mann, der am Mittwoch seinen 54. Geburtstag feierte. Lest, wie die Geschichte weiter geht!

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Florian selbst begann im Alter von 5 Jahren bei der SVG mit dem Fußball, erst als Feldspieler, später nach einer Verletzung als Fänger. Vor allem sein Vater Ferdinand hatte den jungen Florian für das Spiel mit dem runden Leder begeistert. In der C-Jugend verschlug es ihn ein Jahr zum SCW Göttingen, bevor er zum Sandweg zurückkehrte. In der A-Jugend lief er dann für Sparta in der Landesliga als Torwart auf. Als Herren-Spieler folgte er seinem Bruder Matze 2008 nach Klein-Lengden. Dort hatte der ehemalige SVG-Oberliga-Spieler als Trainer angeheuert und war mit Spielern wie Kirjan Krauß, Lutz Wegener und Bastian Böhm in die Kreisliga aufgestiegen. Im ersten Jahr in der höchsten Spielklasse des NFV-Kreises wäre dem Team fast der Durchmarsch in die Bezirksliga geglückt, doch im Duell mit Bilshausen unterlag der TSV im entscheidenden Spiel mit 0:2, wohl auch, weil der in dem Jahr dazu gestoßene Oliver Gräbel mehrere Großchancen vergab und den Platz dann vorzeitig mit Roter Karte verlassen musste. So blieb der TSV Kreisligist, gewann aber im Jahr darauf den Kreispokal im Elfmeterschießen gegen den FC Hertha Hilkerode – Floppy hielt zwei Versuche der Eichsfelder. 2010 wechselten die Knauf-Brüder zum TSV Groß Schneen. In Klein Lengden wollte, so wird kolportiert, der Verein in Zukunft wieder kleinere Brötchen backen, was bis heute auch gelungen zu sein scheint. Im ersten Jahr in Groß Schneen scheiterte das Team noch knapp am Aufstieg, im zweiten Jahr gelang dieser im Duell mit der SG Drammetal. Floppy aber folgte den Verlockungen seines ehemaligen Mannschaftskameraden Oliver Gräbel, der inzwischen als Trainer beim SC Hainberg angeheuert hatte. Doch Florian gelang es auf den Zietenterrassen nicht, sich als Stammtorwart zu etablieren, und er wechselte nach nur einem halben Jahr zurück zum TSV Groß Schneen. Dort kam er aber auch nur noch in den Pokalspielen zum Einsatz, erreichte aber in diesem Wettbewerb das Finale, das unglücklich im Elfmeterschießen gegen den SV Seeburg verloren ging. 2013 ging es dann, erneut im Doppelpack mit seinem Bruder, zur SV Groß Ellershausen/Hetjershausen, wo er im ersten Jahr nur die Nummer zwei hinter Tim Lohrberg war. Als dieser im Jahr darauf in seine Heimat Ebergötzen wechselte, begann die Zeit von Knauf zwischen den Pfosten, wo der ehrgeizige Einzelhandelskaufmann heute noch Sonntag für Sonntag steht. Lest, wie die Geschichte weiter geht!
„Ich traue unserer Mannschaft auf alle Fälle den Aufstieg zu!“, gibt sich Floppy kämpferisch bei der Frage nach dem Ausgang der Saison. Wichtig sei für ihn natürlich die schon angesprochene geringe Ausfallquote. „Wenn alle Spieler in der Rückrunde ihr Potenzial zu einhundert Prozent abrufen, dann können wir es schaffen!“, glaubt der ledige Torhüter, der vor allem für seine gute Strafraumbeherrschung und das lautstarke Coachen seiner Vorderleute bekannt und berüchtigt ist. In der Liga geht es in diesem Jahr so eng zu, wie selten zuvor. Im Prinzip sind die Mannschaften bis Platz sechs noch in den Meisterschaftskampf involviert. Seiner Meinung nach sind aber der TSV Seulingen, der Bovender SV, der Dransfelder SC und der TSV Groß Schneen die härtesten Konkurrenten im Kampf um den Bezirksliga-Aufstieg. Sollte die Meisterschaft in dieser Saison tatsächlich gelingen, dann würde Florian die Chance gern wahrnehmen. „Ich glaube, wir könnten bereits mit dem aktuellen Kader in der Bezirksliga bestehen.“, blickt Floppy voraus. Er selbst fühlt sich inzwischen so stabil, dass er fußballerisch die Kreisgrenzen gern überschreiten würde. Am liebsten natürlich mit dem aktuellen Team. Ein Angebot der SVG im Sommer – dort gab es einen Torwart-Engpass – lehnte er ab, weil er der SV bereits sein Wort gegeben hatte. „Was nach dieser Saison passiert, kann ich aber noch nicht sagen!“, lässt er sich alle Optionen offen. Den Ehrgeiz, höher zu spielen, besitzt der schlanke Riese. „Ich möchte immer gewinnen. Manchmal kommt das sicher gewöhnungsbedürftig rüber, aber ich bin nie unfair. Ich versuche immer, mich in den Dienst des Erfolges zu stellen und pushe mich und meine Kameraden. Außerdem bin ich ein Gerechtigkeits-Fanatiker. Und deshalb wirkt meine Emotionalität gelegentlich übertrieben. Aber ich bin nie aggressiv. Nach jeder Partie strecke ich jedem die Hand entgegen, der sich vielleicht während der 90 Minuten über mich ärgerte, und trinke mit ihm eine Flasche Bier. Und in letzter Zeit, so bestätigen auch die Kameraden, bin ich wesentlich ruhiger geworden.“, widerspricht Floppy anderslautenden Vorbehalten gegenüber seiner Person. Gegen Türkgücü im ersten Spiel der Saison rettete seine Beharrlichkeit der SV vielleicht sogar den Sieg. Vor dem vermeintlichen 2:0 der Gäste hob der Linienrichter die Fahne, woraufhin die SV-Abwehr ihre Gegenwehr einstellte. Floppy rannte, als das Tor gegeben wurde, zum Mann mit der Fahne und redete so lange auf ihn ein, bis der Schiedsrichter, der an der Mittellinie das Spiel mit Anstoß für den Gastgeber fortsetzen wollte, herbei eilte, um seinen Kollegen zu schützen und Florian zu verwarnen. Florians Widerstand sorgte schließlich dafür, dass der Linienrichter den Mut aufbrachte, das Tor wegen einer Abseitsstellung zurücknehmen zu lassen. Am Ende siegte das Knauf-Team nach einer Leistungssteigerung in Halbzeit zwei mit 2:1. Vielleicht würde die SV Groß Ellershausen/Hetjershausen ansonsten nicht auf dem Platz an der Sonne überwintern…

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