Noch in der Saison 2009/10 schlug hier das Fußballherz Göttingens: Die drei Göttinger Ortsteile Holtensen, Elliehausen und Hagenberg strebten dannach, den Fußball in der Region zu bestimmen. Der SV GW Elliehausen spielte in der Bezirksliga, der TSV Holtensen erfolgreich in der Landesliga und die SG GW Hagenberg errang am Ende der Saison die Meisterschaft in der 1. Kreisklasse B und stieg in die Kreisliga auf. Doch seither geht es im Westen kontinuierlich bergab. Eine Geschichte des Untergangs.

Im Nord-Westen Göttingens spielen drei stadtbekannte Vereine mit großer Tradition. Noch vor fünf Jahren spielten hier Fußballer, die zu den besten der Region Südniedersachsen gehörten. Doch wenn man den Stand der Teams heute betrachtet, dann fragt sich der Fan der West-Vereine, wie das geschehen konnte? Der TSV Holtensen steht in der 2. Kreisklasse mit einem Punkt auf dem letzten Tabellenplatz. Der SV GW Elliehausen kämpft in der 1. Kreisklasse gegen den Abstieg und eine Klasse höher muss auch die SG GW Hagenberg als Tabellenzehnter nach unten schauen. Der Worst Case für den Westen: Alle drei Vereine steigen ab.
Sicher spielt das liebe Geld bei den drei Vereinen eine wichtige Rolle, will man die Gründe für den negativen sportlichen Trend finden. Leistungssport mit gut ausgebildeten Spielern kostet viel Geld. Und da backen die Vereine eben lieber kleiner Brötchen im Breitenfußball, als sich der Gefahr eines finanziellen Desasters auszusetzen. Meist hängt die Entwicklung eines Vereins aber auch am persönlichen Engagement von Trainern, Funktionären und Mäzenen. Und wenn diese Personen plötzlich ein anderes Hobby entdecken, dann ist auch Schluss mit den Erfolgen. So wie bei den drei West-Vereinen:

TSV Holtensen

Am 18. April des Jahres 2009 besiegte der TSV Holtensen in der Landesliga (damals noch Bezirksoberliga genannt) unter Trainer Carsten Langar den von Helmut Latermann gecoachten RSV Göttingen 05 mit 3:0. Am Ende der Saison war man zwar hinter dem Meister SVG Göttingen und dem Vierten RSV Göttingen 05 nur Sechster, doch das Team aus dem Westen der Stadt spielte mit im Konzert der großen Vereine unserer Region. Auch ein Jahr später konnte man die Ligatauglichkeit mit dem neunten Tabellenplatz nachweisen. Und in der Saison 2010/11 konnte man ebenfalls – wenn auch knapp – als Dreizehnter die Klasse halten. Doch dann war das Geld alle in Holtensen. Von heute auf morgen wurde das Team aus dem Spielbetrieb abgemeldet. Die Zusagen, die man unter anderem auch dem neuen Trainer Özcan Beyazit gegeben hatte, waren plötzlich nur noch Makulatur. Ein Verein, der jahrelang den Ton in der Region mitbestimmte, war von der Bildfläche des Fußballs verschwunden. Ein Jahr lang lag der Fußballplatz brach. Das liebevoll „Mc-Clean-Arena“ genannte Spielfeld an der Autobahn A7 wurde nur noch für Alt-Herren- und Jugend-Spiele genutzt.
Die Wiederbelebung des Fußballs zu Beginn der laufenden Saison entwickelte sich anders als erwartet. Auch für die 2. Kreisklasse ist das aktuelle Team zu schwach. Mit gerade einmal einem Punkt aus den neun Spielen rangiert das Team von Trainer Wolfhard Kratzert auf dem letzten Tabellenplatz. Der Abstieg in die 3. Kreisklasse droht. Der einstige Vorzeige-Verein der Region erregt in der Fußballszene nur noch mitleidiges Lächeln.

Prominente frühere Spieler: Enrico Weiß (Sparta Göttingen), Ercan Beyazit (Bovender SV), Attila Kaplan (ESV Rot-Weiß Göttingen), Erkan Beyazit (VfB Sattenhausen), Yusuf Beyazit (SG Lenglern), Kevin Kahl (SC Hainberg), Jens Thomae, Steve Piper (SG Lenglern), Adnan Sirip (Ay Yildiz), Kevin Taubert (SG Lenglern), Christopher Schwarze (Sparta Göttingen), Denny Cohrs (TSV Sudheim), Andreas Taubert (GW Hagenberg)

SV GW Elliehausen

Der gelb-weiße Verein jenseits der Autobahn A7 drehte nicht ganz so stark am großen Fußballrad, wie Nachbar Holtensen, aber immerhin spielte das Team bis 2010 noch in der Bezirksliga – damals unter Trainer Günther Friedrichs. Nach dem Abstieg ging der Sturz unaufhaltsam weiter. In der Kreisliga übernahm dann Stefan Bode das Zepter in Elliehausen, doch er konnte die Fluktuation der Spieler nicht aufhalten. Inzwischen spielt der einstige Dauergast der Bezirksliga in der 1. Kreisklasse B gegen den Abstieg. Aktuell hat das Team noch sechs Punkte Vorsprung vor den direkten Abstiegsplätzen, aber die Verfolger haben aufgerüstet.
Nach dem Abstieg aus der Kreisliga haben die meisten Spieler fluchtartig den Verein verlassen – waren nicht bereit, den von ihnen selbst verursachten Abstieg mit dem Verein zu revidieren. So musste Trainer Stefan Bode ein völlig neues Team aus dem Boden stampfen. Das ist in Elliehausen keine leichte Aufgabe. Der Standort-Nachteil ist nicht zu unterschätzen. Außerdem fragen sich natürlich viele talentierte Fußballer, warum der Traditionsverein plötzlich so stark abstürzt. Da gehen die Spieler dann lieber zu Vereinen, die sportlich eine größere Perspektive bieten.

Prominente, frühere Spieler: Markus Fahlbusch, Timo Friedrichs (SV Germania Breitenberg), Andreas Aulepp (SG Lenglern), Marcel Leuze (SG Lenglern), Mustafa Parlak (Ay Yildiz), Patrick Ilse,

SG GW Hagenberg

Noch unter dem jetzigen Oberliga-Trainer des RSV Göttingen 05, Jozo Brinkwerth, war die SG GW Hagenberg im Fußballkreis ein vielbeachteter aufstrebender Verein. Dann erfolgte kurz nach dem Aufstieg im Jahre 2010 der Wechsel des Erfolgstrainers an die Benzstraße und seither – zumindest ist das die Wahrnehmung der Öffentlichkeit – geht es auch bei der SG bergab. Zwar erreichte man in der ersten Saison in der Kreisliga einen hervorragenden dritten Tabellenplatz und gewann noch den Kreispokal unter dem Interims-Trainer Andreas Taubert. Doch vor der laufenden Saison verließen bereits 14 Spieler den Verein und in der aktuellen Winterpause folgte erneut eine große Fluktuation von wiederum elf Spielern – einige davon allerdings auch aus dem Kader der zweiten Mannschaft. Laufen alle Spieler vor Trainer Jörg Geilhaupt weg, oder was könnte der Grund für solch eine Abwanderung sein? Beim Hagenberger Verein fließt zumindest noch etwas Geld für die Spieler. Über Prämienzahlungen wurde in der Vergangenheit auch öffentlich gesprochen. Die dritte Mannschaft hat der Verein inzwischen vom Spielbetrieb zurückgezogen. Diverse, teilweise in der Öffentlichkeit ausgetragene Streitereien im Verein sorgten für ein schlechtes Image in der öffentlichen Wahrnehmung.
Mit fünf Punkten Vorsprung vor den Abstiegsrängen geht das grün-weiße Team in die Rückrunde. Wird das ausreichend sein, die Klasse zu halten? Im Verein ist man davon überzeugt. Bleibt zu hoffen, dass diese Überzeugung auf einer objektiven Analyse der Situation beruht und nicht die Hoffnung Basis der Arbeit der Verantwortlichen am Pappelweg ist.

Prominente ehemalige Spieler: Brian Krech, Markus Stanko (beide SC Rosdorf), Kevin Taubert (SG Lenglern), Maurice Taubert (SV Groß Ellershausen/H.), Sebastian Lorenz (SG Lenglern), Alexander Stehl (Sparta Göttingen), Victor Gerliz (FC Lindenberg Adelebsen),

Fußball-Völkerwanderung vom Westen in den Norden

Zumindest konnte vom Niedergang des Westens der Norden profitieren. Viele Spieler der drei Vereine sind nach Norden zu den Vereinen SG Lenglern und Bovender SV abgewandert, wo sie jetzt ebenfalls für fußballerische Schlagzeilen sorgen.