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Noch heute sprechen die Fußballkenner der Region mit Hochachtung von Kurt Krauß. Er gilt noch immer als der beste Fußballer, den Göttingen jemals hervorgebracht hat. Am Donnerstag, den 29. März, feiert "Kurtchen", wie er von Freunden und Bewunderern genannt wird, seinen 77. Geburtstag. Gökick gratuliert dem Helden der Zeiten, in denen Fußballer noch ihre gesamte Karriere für nur einen Verein spielten, herzlich zu seinem Ehrentag. Um den Werder-Bremen-Fan würdig zu ehren, veröffentlicht die Gökick-Redaktion heute einen Beitrag, der von Ralf Walle geschrieben, im Jahr 2008 die erste Ausgabe des Gökick-Print-Magazins schmückte. Herzlichen Glückwunsch, Kurt Krauß!
Von Ralf Walle
Was macht eigentlich Kurt Krauß,
Göttingens einziger Jugend-Nationalspieler und torgefährlichster 05-Mittelfeldspieler aller Zeiten?
Der heute 67-Jährige wird auch nach mehr als 40 Jahren noch immer eng mit den Schwarz-Gelben in Verbindung gebracht. „Kein Problem, dort hatte ich ja auch meine größten Erfolge. Meine fußballerische Herkunft liegt aber bei der SVG Göttingen“, erklärt Krauß, der dort als Zehnjähriger mit dem Fußballspielen begann. Reichlich Talent, eine feine Technik und ein enormer Ehrgeiz beförderten Krauß bis an die bundesdeutsche Spitze, als er mit 17 Jahren in die Jugend-Nationalmannschaft befördert wurde. „Das war natürlich enorm eindrucksvoll. Wir haben vor Kulissen gespielt, die keiner von uns gewöhnt war“, erzählt Krauß, der sieben Mal das Trikot mit dem Bundesadler überstreifte und 21 Partien in der NFV-Auswahl absolvierte.
Beim FIFA-Jugendturnier in Bulgarien führte Krauß die deutsche Elf als Kapitän an. „Das war ein tolles Turnier. Mit dem 1:0 über Jugoslawien vor 60000 Zuschauern in Sofia hatten wir einen super Start erwischt. Wenn ich an das Spiel denke, bekomme ich immer noch eine Gänsehaut.“ Stark war auch das anschließende 2:0 gegen den Dauerrivalen aus den Niederlanden, zum Finale reichten die beiden Siege aber nicht. Denn im letzten Gruppenspiel gab’s ein 0:1 gegen Gastgeber Bulgarien. „Wir waren alle 17 und 18 Jahre alt. Unsere Kontrahenten dagegen teilweise 21 und 22. Das war damals noch nicht so richtig geregelt.“
1960 wechselte Krauß zu Arminia Hannover. Ein Traditionsklub, der für damalige Verhältnisse richtig Geld zur Verfügung hatte. Nur ein Jahr später ging’s „der Liebe wegen“ für ein Jahr zurück nach Göttingen an den Sandweg, danach zu Borussia Fulda in die Regionalliga Süd, wo es ihn aber auch nur eine Saison hielt. Ein lukratives Angebot von Hannover 96 musste er wegen „der drohenden Einberufung zur Bundeswehr“ ausschlagen. Zum Glück für 05, denn dort spielte der Fußball-Wandervogel die nächsten zehn Jahre. „Der Verein und ich haben in dieser Zeit voneinander profitiert“, sagt Krauß über die beste Zeit seiner Karriere. Auch wenn ihm der ganz große Coup in den Aufstiegsrunden verwehrt blieb. In der Qualifikation zur 1. Bundesliga blieb er mit den Schwarz-Gelben 1966 am 1. FC Saarbrücken hängen. „In Jahr darauf waren wir nah dran“, erzählt Krauß. Im Aachener Tivoli führten die 05er vor 44000 Besuchern bei der Alemannia bis zur 60. Minute, um am Ende beim 1:3 erneut mit leeren Händen da zu stehen. So wie auch 1968 in Berlin. Drei Minuten vor dem Ende kassierten die Göttinger das Tor zum 0:1-Endstand. „Im Olympia-Stadion gab es damals nur Stehplätze. 90000 Hertha-Frösche haben ein Riesen Stimmung gemacht. Das war fast schon beängstigend“, schwärmt Krauß.
Viele gute Spieler, der Teamgeist und Trainer Fritz Rebell, waren die Garanten für den Höhenflug. Der strenge Rebell sorgte mit seiner Elf in der Regionalliga mächtig für Furore, weshalb Göttingen 05 damals von der Bild-Zeitung den Beinamen „Göttinger Rebellen“ erhielt „Fritz Rebell war ein absoluter Experte. Er war immer ehrlich und machte ein solides Training, das sicher nicht immer den neusten Methoden entsprach. Vielleicht kann man ihn mit dem heutigen Otto Rehhagel vergleichen. Fritz war ein absoluter Glücksfall für 05“, urteilt Krauß über seinen ehemaligen Übungsleiter, der stets viel Wert auf Disziplin legte.
Mit Rebells Nachfolger Reinhard Roder kam „Kurtchen“ weniger gut zurecht. Als Roder dem damaligen Berufssoldaten Krauß die Teilnahme an einem Bundeswehrturnier verbot, zog dieser am Saisonende die Konsequenzen und wechselte als Spielertrainer zum SC Weende.
Beim Klub aus den Göttinger Norden heuerte er drei Mal als Übungsleiter an, drei Mal gelang ihm der Aufstieg. Weitere Trainer-Engagements führten ihn zur SVG, zum FC Grone, Göttingen 05, SV Südharz und nach Klein Lengden, wo der „torgefährlichste 05-Mittelfeldspieler aller Zeiten“ heute mit seiner Frau lebt. Hin und wieder ist Krauß in der 05-Traditionself aktiv, auf den Fußballplätzen in Göttingen ist „Kurtchen“ aber Stammgast. „Auf die Derbys in der Bezirksoberliga freue ich mich, das ist aber auch das einzige Positive, was man derzeit über den Göttinger Fußball sagen kann“, bemängelt Krauß. Schon vor zwölf Jahren als Trainer der SVG plädierte er – vergeblich – für eine Fusion mit 05. Besserung sieht er in der aktuellen Konstellation mit vielen Vereinen auf Augenhöhe nicht. „Es wird alles in Eigenregie von Leuten entschieden, die das teilweise schon vor 20 Jahren gemacht haben. Man sollte endlich mal die alten Zöpfe abschneiden. Was wir in Göttingen brauchen, das sind die richtigen Leute mit guten Ideen. Sonst verfällt hier bald alles in Lethargie“, fordert der 67-Jährige. Eine Prognose falle deshalb schwer, wer in den nächsten Jahren den Göttinger Fußball anführen wird. „Vermutlich werden sich der SCW, die SVG und 05 abwechseln“.
Wäre „Kurtchen“ mit 40 Jahren Verspätung geboren, dann wäre er sicherlich Profi geworden und hätte mehr verdient, als die 160 Mark, die damals als Tarif vorgegeben waren. Sein Sport hat sich in den letzten vier Jahrzehnten aber extrem gewandelt. „Der Fußball ist athletischer und schneller geworden. Heute gibt es bessere Torhüter und es wird viel mehr Wert auf Taktik gelegt. Früher war also doch nicht alles besser“, sagt Krauß, um sich bei seinem Einwand aber zu beeilen: „Früher ging es auf dem Platz fairer zu. Und technisch besserer Fußball wird heute auch nicht gespielt.“
Zur Person:
Kurt „Kurtchen“ Krauß (77) ist in Göttingen geboren. Nach seiner Einberufung zur Bundeswehr (1965) wurde er 1970 Berufssoldat in der Zietenkaserne in Göttingen. 1975 wurde er für ein Jahr nach Wales versetzt. Von 1987 bis zu seinem Ausscheiden als Stabsfeldwebel 1994 war er als strenger Kasernenfeldwebel und somit unter anderem als „Herr über die Kasernen-Parkausweise“ gefürchtet. Seit 1961 ist er mit Liesa verheiratet. Gemeinsam haben sie einen Sohn: Kirjan (46), der ebenfalls bei zahlreichen Fußballvereinen in und um Göttingen spielte.
