Der Letzte in der Heimtabelle gegen den Ersten in der Auswärtstabelle. Eigentlich eine klare Sache? Mitnichten. Es wurde das erwartet schwere Spiel für den TSC Dorste, der mit einem blauen Auge davonkommen und das Spiel mit 1:3 für sich entscheiden konnte.

Der Bericht wird präsentiert von:

Dennis Diekmeier, Fußballprofi beim ruhmreichen Hamburger Sportverein und absoluter Garant der großen Triumphe des HSV in den vergangenen Jahren, Abräumer, Laufwunder und Passmaschine, trägt die Last eines letzten Makels in seiner glorreichen Vita auf den Schultern.
Nach 189 Bundesligaspielen ziert eine große, fette 0 die Liste der von ihm erzielten Tore.

Auch im beschaulichen Dorste, beim nicht minder ruhmreichen TSC, gibt es einen knallharten Verteidiger, dessen sportliches Schicksal eng verknüpft zu sein schien mit dem des Dennis Diekmeier, kurz „DD2“.
Es handelt sich um Daniel von Einem, kurz „DvE2“. Feuerwehrmann im Beruf, Feuerwehrmann aus Berufung. Egal ob es auf dem Luftwaffenstützpunkt in der Heide oder im Dorster Strafraum lichterloh brennt, egal ob eine Katze vom Baum oder der Ball vor der Torlinie gerettet werden muss: „DvE2“ ist immer zur Stelle. Immer.
Schlägt man im Duden das Wort „Leistung“ nach, blickt einem das Konterfei Daniel von Einems direkt in die Augen.

Doch genau wie bei Dennis Diekmeier lasteten auch über Daniels im Jahr 2010 gestarteter fußballerischer Herren-Laufbahn die Schatten der Unvollkommenheit. Seit der beim TSC im selben Jahr von Erik „Excel“ Wedemeyer begonnenen und pedantisch pingelig geführten Leistungsdaten-Statistik, blieb eine Spalte bei Daniel von Einem leer: Tore.

Doch am Sonntag in Lerbach wurden die vielen mitgereisten Dorster Zuschauer Zeugen, als Historisches geschah.

Wir schreiben die 90. Minute der Partie SV Lerbach – TSC Dorste. Der TSC führt denkbar knapp mit 1:2, am Spielfeldrand erglüht Zigarette um Zigarette, Nägel werden bis aufs Fleisch abgekaut, Stoßgebete in den Himmel entsandt.
Die Dorster sehnen den Abpfiff herbei. Es war kein gutes Spiel ihres Teams gegen den Tabellenletzten.

Und nun, im Augenblick absoluter Anspannung, bricht ein junger Dorster Verteidiger auf, den Sack zuzumachen, den Drops zu lutschen, den Fuchs in den Bau zu bringen.
Nach einem Sprint über das gesamte Feld donnert Daniel von Einem den Ball mit einer humorlosen Selbstverständlichkeit unter die Latte. 1:3. Abpfiff.

In seinem 179. Punktspiel, nach exakt 15.637 Minuten Einsatzzeit, ist der Bann gebrochen: Daniel „DvE2“ von Einem hat eingelocht.

Doch wir beginnen unsere Geschichte lieber zu dem Zeitpunkt, als diese ihren Anfang nahm:
Um 13:30 Uhr bei der Spielbesprechung auf dem Lerbacher Sportplatz.

Der Platz ist unwahrscheinlich tief, der Regen der letzten Tage hat das Grün extrem aufgeweicht. Wer heute weiße Sneaker trägt, ist selber schuld. Coach Exner hält ein feuriges Plädoyer über Einsatz, Kampf und gegenseitige Hilfe. Anders sei der Gegner, dessen Tabellenplatz angesichts vieler verletzter Spieler keine Aussagekraft über das tatsächliche Leistungsvermögen der Mannschaft hat, nicht zu bezwingen. Er sollte Recht behalten.

In der Kabine entbrennt beim Umziehen der altbekannte Kampf um die XL-Hosen. Doch irgendwie lässt sich auch der letzte Arsch in modisches Grün zwängen.

Das Spiel beginnt. Dorste startet vernünftig in die ersten Minuten, hat zum Teil Übergewicht, sowohl spielerisch als auch körperlich. Erste Chancen lassen jedoch auf sich warten. Der SV Lerbach seinerseits agiert mit drei Stürmern, eine ungewohnte Aufgabe für den Dorster Defensivverbund.

Erste zaghafte Annäherungsversuche des TSC auf einen Torerfolg werden vom Lerbacher Keeper weggefaustet. Das erwartet schwere Spiel auf einem kleinen Platz zeichnet sich deutlich ab.

Doch dann ein erlösender Pfiff: Michael „Schotter“ Ludwig, das zarte Reh, wird im Strafraum weggemäht, es gibt Strafstoß für den Dorste. Ludwig selbst schnappt sich die Kugel.
Die altbekannte Maxime, nach der ein Gefoulter nicht selbst schießen sollte, bewahrheitet sich jedoch leider auch hier. „Schotter“ setzt den Ball deutlich neben den rechten Pfosten. Bitter.

Nur kurze Zeit später macht es der Routinier aber besser. Nach ganz stark erkämpftem Ballgewinn von Michael Schlodder, gelangt die Kugel zu Michael Ludwig. Schuss aus der Drehung und der Ball kullert durch die Beine des Torhüters, der sich am liebsten im Boden eingraben möchte, ins Tor (28.).

„Unhaltbar!“, ertönt es schadenfroh von der Dorster Bank.
Schadenfreude ist die schönste Freude. Aber Rache ist süß.

Denn nur sieben Zeigerumdrehungen später, gleichen die Gastgeber aus: Die reche Dorster Seite ist zu offen, der Ball wird mit Druck vor die Hütte gespielt und Lerbachs Pascal Müller netzt aus wenigen Metern ein (35.).

Doch noch vor dem Halbzeitpfiff gelingt dem TSC erneut in Person von Michael Ludwig die abermalige Führung. Niklas Kurschatke tänzelt durch die Lerbacher Reihen, nagelt ein echtes Brett an den rechten Pfosten und „Schotter“ staubt aus wenigen Metern zum 1:2 ab (42.). Halbzeit.

Zu Beginn des zweiten Spielabschnitts gelingt dem TSC nicht mehr ganz viel. Coach Exner reagiert und bringt für Patric Bode den lauffreudigen Kevin Bergmann in die Partie, um Dampf über den rechten Flügel zu machen.

Doch nun hat Lerbach das Kommando. Erst trifft der SVL nach starker Einzelleistung nur der Pfosten, dann reklamieren die Gastgeber einen Elfmeter, doch die Pfeife bleibt stumm. Nach dem Spiel sind sich die im Umfeld befindlichen TSC-Akteure (bis auf Unschuldslamm Dennis Meister) einig: Das war Elfmeter.

In der 65. Minute der zweite Wechsel beim TSC: „Mütter, sperrt eure Töchter ein, der Hennig macht sich fertig.“, kommentiert es Arne Wedemeyer in der mannschaftsinternen WhatsApp-Gruppe. Jakob Hennig kommt für Niklas Kurschatke, ist eine Minute auf dem Platz und sieht Gelb, der Rüpel.

Den folgenden Freistoß fängt TSC-Torwart Denis Mylius ab, eilt zur Strafraumkante, um das Spiel schnell zu machen, schubst dabei jedoch einen gegnerischen Spieler zu Boden. Es gibt Elfmeter.
Eine Konzessionsentscheidung? Man weiß es nicht.

Doch Hexer Mylius macht seinen ungestümen Fehler wieder wett und pariert stark.
Es war das benötigte Signal an die Dorster Elf, die in der Folgezeit wieder mehr Zugriff auf das Spiel bekommt. Lerbach zwar mit vielen Freistößen aus dem Halbfeld, Dorste jedoch nun mit den besseren Chancen. Doch Michael Ludwig will trotz guter Gelegenheiten kein weiterer Treffer gelingen.

Die letzten Minuten brechen an. Dorste verteidigt verbissen, Lerbach mit dem Mute der Verzweiflung. Ein letzter langer Ball der Gastgeber, TSC-Verteidiger Florian Lampenscherf setzt zum Befreiungsschlag an, trifft die Kugel voll, knockt mit dem Geschoss jedoch seinen Nebenmann Erik Wedemeyer aus. Der muss blutend vom Feld, es gibt nochmal Eckstoß. Dorste jetzt ein Mann weniger.

Doch Keeper Mylius fängt die Murmel ab. Ein junger Dorster Verteidiger namens Daniel von Einem zieht los und bekommt schließlich den Ball.
Der Rest ist Geschichte.

Bericht: E. Wedemeyer