Wie schön war doch die Jugendzeit: einfach mal ein ganzes Wochenende im Bett oder auf dem Sofa vor sich hinzugammeln und allenfalls aus Selbstschutz vor dem Wundlegen mal in die stabile Seitenlage zu wechseln, hatte auch seine Vorteile - am Montag ging man entspannt und wohlbehalten zur Schule, und konnte sich ganz gelassen den Wirren des Alltags stellen.

Im fortgeschrittenen Alter beginnt heutzutage ein echtes Fußballwochenende in verschiedenen Funktionen bereits am Freitagnachmittag. Die Fahrt mit der A-Jugend nach Wolfsburg zum Spiel gegen Lupo Martini musste organisiert werden. Zeugwart Volker übermittelte als Bekannter des Bus-Mäzen schlimme Nachrichten: „Hallo Dani, Bus kaputt. Ihr müsst mit dem Zug fahren!“ Flugs wurden zwei 9-Sitzer bei Tele Trans gemietet um wenige Stunden später zu erfahren, dass es sich bei der voreilig verkündeten Schrottreife des BSV-Mobils um eine „Verwechslung“ handelte.

Den Totalschaden gab es dann mit 24-stündiger Verspätung. Bei Lupo Martini, die mit etlichen ehemaligen Spielern aus den Leistungszentren vom VfL Wolfsburg und Eintracht Braunschweig aufgelaufen waren, gab es nichts zu holen. Dabei hatte ich mich selten so intensiv auf ein Spiel vorbereitet: der Gegner wurde beim Gastspiel in Schöningen beobachtet und jeder Spieler bekam ein Handout mit wichtigen Infos zu Stärken und Schwächen des Kontrahenten sowie der „Hausaufgabe“, die eigene Wunsch-Taktik aufzuschreiben und einige Motivationssprüche fürs Team zu kreieren. Mit den 15 besten Antworten wurde die Lupo-Kabine dekoriert und auch die Gastgeber hegten Sympathien für uns. Ein Mitarbeiter der Vereins begrüßte uns mit den Worten: „Hoffentlich holt ihr heute drei Punkte hier.“ Wir dachten, wir hätten uns verhört. Aber nein, es gab sogar noch hilfreiche Tipps: „Einfach hinten dicht machen, dann klappt das. Wir drücken Euch die Daumen.“ Bei Lupo scheint es zu stimmen… Schwarz-Gelb Kapitän Luca Armbrecht wählte kurz vor Anpfiff optimistische Worte: „Jungs, hier ist was drin, ich habe ein gutes Gefühl.“

Das gute Gefühl währte 23 Sekunden, da stand es schon 0:1 aus schwarz-gelber Sicht. 2 Minuten später folgte das 0:2 und das Gefühl war nur noch so mittelmäßig toll. Trainerkollege Jannik Psotta, der eine wichtige Hausarbeit schreiben musste und demnach zuhause geblieben war, musste per Liveticker auf dem Laufenden gehalten werden, aber das traute ich mich nicht. Wie gut, wenn man einen Betreuer Bernd Casper an seiner Seite weiß: „Bernd, ruf Du bitte Jannik an. Ich mach das lieber nicht, der reißt mir den Kopf ab.“ In diesem Moment hätte Bernd sicher gerne sein tags zuvor überreichtes Geschenk für den Bovender Clubraum, einen opulenter Bilderrahmen mit dem aktuellen Schwarz-Gelb Mannschaftsfoto, zurückgenommen. Aber Bernd ist ein Ehrenmann.

In der Pause wurden beim Stande von 0:7 zunächst ein paar Motivationssprüche der Marke „Wir holen uns heute die drei Punkte“ abgehängt („Die brauchen wir nicht mehr“) und am Ende gab es Schadensbegrenzung. Zu allem Überfluss setzte es nett gemeinte Worte aus dem Lupo-Lager („In der zweiten Hälfte ward ihr nicht ganz so super schlecht“) und mit der Aussicht auf eine vierstündige Rückfahrt aufgrund der teilgesperrten Autobahn setzten wir uns in die beiden Busse. Google Maps offerierte eine sehr individuell gestaltete Umleitung, die uns bei einsetzender Dunkelheit durch verlassene Dörfer und holprige Straßen für den landwirtschaftlichen Durchgangsverkehr führte. Fast wäre ich in eine verwaiste Dorfgaststätte gebrettert (Name: „Dorfkrug Kurve“) und bei Ankunft in Bovenden um 22.30 Uhr sorgte ein Blick aufs Handy für Erheiterung. 23 Nachrichten, eine schöner als die andere: „Na, das war ja wohl Komplettversagen“ / „Das nennt man Vergewaltigung“ / „Na, schönen Tag gehabt?“ / „1:10 gegen Martini. Gönn dir mal das passende Getränk dazu.“

Zum Glück gibt es ja noch den Sonntag. Vormittags stand das kurzfristige Comeback in der Dritten Herren auf dem Plan. Mit Selbstüberschätzung im Gepäck bat ich nach 20 gespielten Minuten ohne vorheriges Aufwärmen um meine Einwechslung bei Coach Delle Siepmann: „Delle, lass mich rein. Ich brauche mich nicht warmzulaufen. Das ist 3. Kreisklasse.“ Hochmut kommt vor dem Fall: Ballannahme Vollbrecht, gewagtes Dribbling am eigenen Sechzehner, Ballverlust. Tor. Kurze Zeit später: Ballannahme Vollbrecht, gewagtes Dribbling am eigenen Sechzehner, Ballverlust. Schon wieder Tor. Geil. Gekrönt wurde der Auftritt nur noch von den liegen gelassenen Straßenschuhen, so dass ich mit Fußballtretern unter den Zauberfüßen nach Bovenden fahren musste. Ciao Kakao.

Dort angekommen setzte es eine 0:1 Niederlage der 1. Herren gegen Bilshausen. Kurz vor Abpfiff musste Dennis Falinski mit Rot vom Platz und mein Frust-Tritt gegen die Auswechselbank bescherte mir einen geschwollenen Zeh plus verdiente Kommentare von Spielern der Dritten („Endlich mal was getroffen heute“) und Schiedsrichterbeobachter Mario Birnstiel: „Daniel Junge, so kenne ich Dich ja gar nicht.“

Stimmt irgendwie. Das nächste Fußballwochenende wird besser. Schlechter gehts halt nicht. 

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