Der Frauen-Fußball hat immens aufgeholt. Das belegen die Statistiken der DFB-Mitgliederzahlen, die Einschaltquoten der TV-Übertragungen und nicht zuletzt auch die Zugriffszahlen der Online-Sportmedien. Allerdings sind die beiden Geschlechter-Welten im Fußball immer noch strikt getrennt, auch wenn Frauen seit Anfang Dezember in Herren-Teams spielen dürfen. Was bei den Aktiven logisch ist, scheint bei den Trainern immer noch ein Relikt aus patriarchalischen Zeiten zu sein. Denn während im Frauen-Fußball immer mehr weibliche Trainer tätig sind, gelten Frauen im Trainerjob des Herren-Fußballs noch immer als Exoten. In Göttinger Stadtteil Geismar ist eine Frau jetzt aufgestanden, die Dominanz der Trainer im Herren-Fußball aufzubrechen.

Die 38-jährige Mona Hackmack leitet seit Beginn der gerade in der Winterpause ruhenden Spielzeit die sportlichen Geschicke der dritten Mannschaft des RSV Göttingen 05. Nach Platz fünf im Vorjahr rangiert die Mannschaft aktuell in der 3. Kreisklasse C mit 16 Punkten aus sieben Spielen auf Platz drei hinter den dritten Mannschaften von Sparta Göttingen und dem SC Rosdorf, die aber durchaus noch in Reichweite liegen. Insofern könnte die Entscheidung des Teams, sich unter die Leitung einer weiblichen Trainerin zu stellen, als Erfolg gewertet werden.
Mona, kam 2019 der Liebe wegen – ihr Freund spielte in jenem Team, das sie jetzt coacht – nach Göttingen. Sie selbst hat eine lange fußballerische Geschichte. In der Schule in Geesthacht bei Hamburg kickte sie in der Schulmannschaft der Oberstufe noch als Verteidigerin, später schulte sie auf Torfrau um und spielte einige Jahre in ihrer damaligen Wahlheimat Österreich. In Göttingen dann begleitete sie ihren Freund regelmäßig zu seinen Spielen und lernte dadurch das Team und den Verein RSV Göttingen 05 im Stadtteil Geismar näher kennen. Sie begann, die Torfrauen der Damen-Mannschaft des MF (Mädchen- und Frauenfußball) Göttingen, in dem die Fußballerinnen des RSV 05 gemeinsam mit jenen des SCW Göttingen spielen, zu trainieren. Dieses Engagement blieb Patrick Maier, dem aktuellen Schlussmann ihres Teams nicht verborgen. Seinem Wunsch nach Spezialtraining entsprach Mona gern. Also trainierte sie fortan auch die Torleute der RSV-Reserve-Teams. Als dann nach dem Ende der letzten Saison die Trainer Jan-Dirk Wehland und Florian Lechte ihren Abschied ankündigten, setzte sich der Mannschaftsrat zusammen und die Idee, Mona mit der sportlichen Leitung zu beauftragen, war geboren. Mona nahm das Angebot an und seither steht sie zweimal wöchentlich und bei den Punktspielen am Sonntag-Morgen am Spielfeldrand und coacht ihr Herren-Team. „Die Jungs haben mich super aufgenommen. Wir sitzen oft noch lange nach dem Training bei einem Bier zusammen. Alle sind sehr aufgeschlossen und ziehen gut mit.“, so die St. Pauli-Anhängerin. Ihr Team sei sehr bunt gemischt. Neben Studenten sind da auch viele Familienväter, die schon sehr lange in der Mannschaft spielen, dabei. Insgesamt „herrscht“ Mona über 34 Herrenspieler ihres Kaders. Damit jeder Spieler ausreichend Einsatzzeiten erhält, gibt es mittlerweile ein „Aufnahme-Stopp“. Zwischen den Herren-Teams des schwarz-gelb-grünen Vereins besteht eine gute Kooperation. Die Mannschaften unterstützen sich gegenseitig. So sahen die Zuschauer im 05-Derby gegen die dritte Mannschaft des 1. SC Göttingen 05 sogar Stefan Meyer, den Bezirksliga-Trainer des RSV, für die dritte Mannschaft rennen und grätschen. „Das war ihm eine Herzensangelegenheit!“, verrät Mona gegenüber dem Gökick. Der RSV III gewann durch ein Tor von Julian Willmann mit 1:0.

Insgesamt sieht sie ihre erste Halbserie als sehr erfolgreich an. Sie stellte die Taktik um, spielt hauptsächlich im 3-5-2 mit zwei schnellen Flügelspielern, zwei Sechsern und einem Zehner. „Die Jungs haben das ohne Murren akzeptiert und setzen es von Spiel zu Spiel immer besser um. Es ist schön, wenn man sieht, wie der Erfolg kommt!“, spricht der Stolz aus Monas Worten. Besonders der 2:0-Erfolg im Kreispokal gegen den klassenhöheren FC Lindenberg Adelebsen bleibt ihr als Spiel in Erinnerung, bei dem sie spürte, dass ihre Arbeit mit dem Team Früchte trägt. So hat sie die Meisterschaft in der 3. Kreisklasse auch noch nicht ganz aus den Augen verloren. Die Partien beim SC Rosdorf III zum Rückrunden-Start am 19. März und bei Sparta III am 14. Mai werden dabei die Schlüsselspiele sein.

Mona ist mittlerweile beim RSV nicht mehr wegzudenken. Sie bietet für viele Torleute im Verein Torwarttraining an und coacht zudem die Mini-Mannschaft, in der auch ihre fünf Jahre alte Tochter spielt. Ihr Freund Sven Stockmann, der aktuell eine fußballerische Pause eingelegt hat, hält ihr dabei den Rücken frei. Sie versteht ihr Engagement vor allem als Dank an das Team und den Verein. Als sie nach Göttingen zog, war ihr Leben durch die Lockdown-Zeit sehr getrübt. Das Team und die Menschen im Umfeld hätten sie aufgefangen und geholfen, dass sie hier in Südniedersachsen Fuß fassen konnte. „Ich bin angekommen und sehr stolz, dass ich in einer Männerbranche Erfolg habe. Das Team mit seinem großen Zusammenhalt macht es mir aber auch wirklich einfach!“, bleibt sie trotz des Erfolges in ihrer ungewöhnlichen Aufgabe bescheiden.