Er ist in der Tat zu vergleichen mit dem neuen Bayern-Trainer Niko Kovac. Er hat sehr erfolgreich bei einem nicht auf Rosen gebetteten Verein gearbeitet, wechselte dann zu einem Schwergewicht der Fußballszene, hatte dort einen starken und Anerkennung erregenden Beginn, um dann in eine Negativ-Serie zu schlittern. Die Rede ist vom neuen SVG-Trainer Dennis Erkner. Während aber der Coach in München langsam um seinen Job fürchten muss, sitzt der Übungsleiter am Sandweg fest im Sattel der sportlichen Leitung. Seit ihrem Amtsantritt – wieder eine Kongruenz – sind jetzt 100 Tage vergangen. In der Regel gilt diese Spanne als kritiklose Zeit, in welcher der Trainer Gelegenheit hat, seine Handschrift zu hinterlassen. Gökick sprach mit Dennis Erkner.

100 Tage SVG-Trainer. Wie fällt deine Bilanz als SVG-Trainer aus?

„Genau wie die sportliche Bilanz: sehr gemischt. Wir haben super angefangen mit vier Siegen in Folge und mussten jetzt vier Niederlagen in Folge einstecken. Das ist schon frustrierend, aber auf der anderen Seite auch absolut erklärbar. Wir starten also wirklich gut mit vier deutlichen Siegen. Und auf einmal – das kann wohl keiner mehr hören, weil es wie eine Ausrede klingen mag – kamen die ganzen Ausfälle. Fast auf einen Schlag. Robin Hartwig, Florian Evers, Alex Mut, Manuel Neumeister, und Lamine Diop verletzungsbedingt, Yannick Hogreve und Lennert Sieburg studienbedingt, Kevin Hühold usw. usw. – insgesamt zehn Leute sind uns innerhalb von 10 Tagen weggebrochen. Zusätzlich zu den zwei Dauerverletzten. Dann trainierst du auf einmal nur mit zehn, statt mit zwanzig Spielern und das konnten wir bis jetzt einfach nicht kompensieren. Die Spieler fehlen ja nicht nur im Spiel als Leistungsträger, sondern auch im Training, um den Konkurrenzdruck zu erhöhen oder praxisnahe Übungen zu ermöglichen. Die zehn Jungs, die noch übrig sind, wissen ohnehin, dass sie am Wochenende spielen werden. Und schon fährt das Unterbewusstsein ein wenig die Leistungsbereitschaft herunter, das ist ganz natürlich.

Hat sich deine persönlichen Bilanz der ersten 100 Tage mit deinen Erwartungen vor der Saison gedeckt?

„Nein. Es ist ganz schwierig als Trainer der SVG aktuell. Die letzte Saison, die so katastrophal verlief, steckt noch in den Köpfen der Spieler, die dageblieben sind. Das merkt man besonders nach dem ersten Gegentreffer, mit dem ersten Fehlpass, mit dem ersten Misserfolg am Wochenende. Dann ist nicht Trotz die Reaktion, sondern Frust. Dann ist es schwer, so ein Ding noch zu drehen. Wir haben insgesamt genügend individuelle Qualität, um in der Liga jede Mannschaft zu schlagen. Wenn die aber in großen Teilen wegbricht, dann wird es sehr schwer, weil wir uns nicht nur sportlich, sondern auch mental wiederfinden müssen. Dass wir guten Fußball in schwierigen Phasen durch Tugenden wie Kampf oder Einsatzbereitschaft ersetzen, gelingt uns momentan einfach noch nicht. Daran arbeiten wir noch.“

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Mehrfach hast du zu Beginn der Saison gesagt, dass ihr euch quasi noch in der Vorbereitung befindet und ihr noch nicht da seid, wo du hin willst. Dann dürfte die Entwicklung mit der Verletzungsmisere und den Misserfolgen zuletzt sogar ein Rückschritt sein. Wann hast du denn deine Zielvorstellung erreicht?

„Hätten wir alle Mann an Bord, dann würde ich sagen: Jetzt. Jetzt müssten die Abläufe langsam sitzen. Das Gegenteil ist aber der Fall. Wir müssen immer wieder umstellen, kompensieren und ausprobieren. Es wird auch nicht leichter: Die nächsten beiden Gegner Kästorf und Vorsfelde sind sportlich stärker einzuschätzen als 05. Wir haben aber Stand heute immer noch keinen Spieler, der ins Team zurückkehrt – nicht einen. Das heißt, wir sind momentan von allem, was wir uns in der taktischen, individuellen und systematischen Entwicklung vorgenommen haben, komplett weg. Versuchen nur noch zu punkten, statt zu entwickeln. Wenn wir auf 100 Prozent kommen wollten, zwischenzeitlich schon bei 70 Prozent waren, dann sind wir aktuell wieder Richtung 0 unterwegs, müssen an die Basics und schauen, dass wir das wieder hinkriegen – wie schießt man ein Tor, wie bekommen wir es hin, weniger Gegentore zu bekommen, eine Chance zu kreieren und so weiter? Die Spieler, auf die unser Spiel zugeschnitten war, sind größtenteils weggefallen.“

Du musst also aktuell mehr Löcher stopfen, als eine langfristige Strategie umzusetzen?

„Ja genau. Es stellt sich kaum noch die Frage, ,wie wir spielen?´, sondern mehr ,wer wird spielen?´ Wobei man auch sagen muss, gegen 05 hatten wir erstmals wieder seit langer Zeit fünf Feldspieler auf der Bank. Es wird also langsam besser. Doch auch da sind drei bis vier „Standby-Spieler“ und Rekonvaleszenten dabei, die entweder nicht trainieren oder gerade erst genesen sind. Da fehlen dann die Abläufe, die Ausdauer für die Landesliga kann noch nicht da sein. Ich habe aber offen gesagt auch die Schnauze voll, von dem was wir momentan machen. Auf Biegen und Brechen irgendwas zusammenzuschustern, nur um am Wochenende nicht zu verlieren, hat nicht geklappt. Wir werden uns von nun an – ganz unabhängig von dem, was an Spielern zur Verfügung steht – wieder versuchen weiterzuentwickeln. Die Meisterschaft ist eh futsch und jetzt sind mir Ergebnisse zunächst mal egal. Wenn wir diese Saison dazu nutzen, unser Spiel nachhaltig zu verbessern, hat sich das Jahr trotzdem gelohnt. Die Geduld hat der Verein glücklicherweise. “

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100 Tage SVG – was gefällt dir am Verein?

„So blöd sich das anhört, weil ich bis jetzt vorwiegend gemeckert habe: Die Jungs sind super! Sie wollen alles aufnehmen, alles lernen. Es liegt also nicht am Willen, was entscheidend ist. Diejenigen, die fit sind, kommen zum Training und sie wollen auch. Sie ärgern sich am Wochenende genauso stark, wie ich, wenn es noch nicht klappt. Wenn es noch nicht reicht. Aber das wird noch kommen. Ein Beispiel: Hainberg war uns im Spiel taktisch deutlich überlegen. Bei den Jungs dort haben wir das aber seit Jahren eingeschliffen. Da haben wir Abläufe über Jahre trainiert, das Team ist zusammengeblieben und zusammengewachsen. Bei uns ist alles neu und frisch, muss erst noch wachsen. Dennoch hätte Florian Evers in nahezu jedem Spiel ein Freistoßtor geschossen. Da fällt dann alles leichter und täuscht über vieles hinweg. Er ist nun mal der momentan beste Spieler dieser Stadt. Ohne diese Erfolgserlebnisse wird es aber gleich schwerer. Bruns schießt gegen uns ein solch starkes Freistoßtor. Plötzlich gelingt 05 alles und uns überhaupt nichts mehr. Das zeigt, was uns aktuell vielleicht fehlt: Individuelle Stärke durch kollektive Stärke kompensieren zu können. Da müssen wir hin.

Aber jeder, der einmal Trainer war, weiß, einen Ausfall kann jedes Team verkraften, bei drei wird es schon schwierig, bei sechs Ausfällen verlierst Du einiges an Stärke; aber 12 Ausfälle? Das schafft einfach kein Fußballteam dieser Welt und hat es auch noch nie geschafft. Das Gute ist aber: Kommen sie wieder, sind wir noch stärker. Die Spieler, die jetzt leiden müssen, werden gestärkt und erfahren aus dieser Phase kommen. Es liegt in der Natur des Sportlers, mehr aus Misserfolgen als aus Erfolgen zu lernen. Das geht mir als Trainer genauso.

Meine letzte Frage hatte sich mehr auf deinen neuen sportlichen Arbeitgeber bezogen – wie ist dein Eindruck von der SVG?

„Die Personen im Verein gefallen mir sehr gut. Thorsten Tunkel rührt ohne Ende. Er ist, so mein Eindruck, an jedem Wochenende der emotional Motivierteste und nach Misserfolgen Leidendste im ganzen Verein. Er ist die Seele des Vereins. Aber auch Thomas Grüneklee und Karl Würzberg unterstützen mich aktiv. Sie vergewissern mir immer wieder ihr Vertrauen und ihre Unterstützung. Das ist toll.
Was nicht so gut ist und langfristig geändert werden sollte, ist unser Unterbau in der Kreisklasse und dass wir in der Jugend noch nicht so stark aufgestellt sind, wie wir es alle gern hätten. Wir können also Ausfälle aktuell nicht durch Spieler des Unterbaus auffangen. Zumindest nicht auf Wettkampf-Niveau. Northeim beispielsweise könnte immer Spieler aus der zweiten Mannschaft oder der A-Jugend einbauen, wo sicherlich viele die Qualität hätten. Wir noch nicht. Dem Unterbau müssen wir als Verein insgesamt mehr Beachtung schenken. Aber vorher müssen wir als erste Herren und damit erste Mannschaft des Vereins natürlich auch unsere Hausaufgaben erledigen und Vorbild sein. Das wird noch etwas dauern, aber der Tag wird kommen.“

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Wo wird die SVG am Ende der Saison stehen?

„Ich denke, wir werden so um die Plätze fünf bis sechs eintrudeln. Das wird bei uns jetzt noch 2-3 Wochen dauern und vielleicht wird auch noch der eine oder andere Misserfolg dazukommen. Aber wenn wir in der Breite richtig aufgestellt sind und vernünftig trainieren können, dann kommt auch der Erfolg wieder. Ich denke, ich kann das ganz gut einschätzen. In der Rückrunde werden wir nur ganz wenige Spiele verlieren. Vorausgesetzt natürlich, wir bleiben dauerhaft mindestens 16 fitte Spieler oder besser mehr.“

Wie lange läuft dein Kontrakt mit der SVG?

„Ein Jahr. Ich sage immer nur für ein Jahr zu. Der Verein betont zwar, dass er langfristig mit mir zusammen arbeiten möchte, doch ich bin der Meinung, es müssen immer alle mit der Situation zufrieden sein. Es bringt doch nichts, wenn der Verein dir einen Dreijahres-Vertrag gibt und nach sechs Monaten merkt, dass man sich das doch alles anders vorgestellt hat. Im Moment wird mir zu verstehen gegeben, dass man sehr zufrieden ist. Glücklicherweise haben wir einen Vorstand, der die Trainerarbeit und die Mannschaft verfolgt und nicht nur die Ergebnisse in der Zeitung liest. Dann hätte ich vermutlich ein Problem. So kann es jeder vernünftig einschätzen und kennt die Gründe.
Über die Zukunft werden wir ganz entspannt im Winter sprechen.“

Vielen Dank für das Gespräch!


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