„Erst in Stunden der Niederlage zeigt sich, wer eine echte Mannschaft ist“, lautet eine beliebte Floskel in Fußballerkreisen, die entweder so beliebt ist, weil sie ein großer Trainer prägte, dessen Name mir gerade entfallen ist, oder weil sie meinen eigenen Gedanken entsprang. Wahrscheinlich trifft beides zu. ;) Am gestrigen Nachmittag auf der schönen Sportanlage in Rhumspringe konnte der interessierte Beobachter den Wahrheitsgehalt dieser Aussage mit eigenen Augen überprüfen, denn bereits wenige Minuten nach dem für den Bovender SV nachteiligen Ausgang des Elfmeterschießens und der damit verbundenen Niederlage im Kampf um den Kreispokaltitel, versprühte das Team des BSV beste Laune und präsentierte sich damit deutlich fröhlicher als noch vergangenen Samstag anlässlich der gewonnenen Kreismeisterschaft. „Nun freut euch doch endlich mal“, mussten uns vor einer Woche die Medienvertreter animieren, um die antrainierte Coolness in gespielte Euphorie zu transformieren. Dies war gestern nicht nötig, schließlich bot das Geschehen auf dem Platz genug Stoff für lustige Anekdoten und fiese Sprüche.

Von Daniel Vollbrecht (Bovender SV)

Zunächst ereilten uns einige Stunden vor Anpfiff zwei Rückschläge: Kapitän Felix Duhm musste krankheitsbedingt passen, ebenso wie Abwehrchef Giovanni Santariello und Linksverteidiger Sadik Halitaj. Noch vor zwei Jahren hätten derartige Meldungen eine nachhaltige Depression im Bovender Lager angestoßen, doch das neue Selbstbewusstsein kennt mittlerweile keine Grenzen. So motivierte Torwart Dominik Hildmann via WhatsApp: „Lass gleich aufgeben haha“. Mit knapper Mehrheit (15 zu Null) entschieden wir uns dennoch für die Reise an die Rhume und in den ersten zwanzig Minuten war vom Fehlen der etablierten Stammkräfte nichts zu spüren. Eine schöne Kombination über Pascal Schröder, Arlind Halitaj und Alexander Probst führte zur frühen Führung. Pascal, in der Punktspielsaison mit 17 Treffern bester Schütze der Liga, sicherte sich mit dem 1:0 einen weiteren Titel: „Torschützenkönig des Bovender SV im Kreispokalfinale“. Weitere Tore wollten auf gelb-schwarzer Seite nicht fallen, trotz einer guten Chance von Romano Weiß, der Mitte der zweiten Hälfte mit einer Volleyabnahme knapp an 05-Keeper Leon Hass scheiterte. „Leon, ich will ein Kind von Dir“, lautete demnach auch das Motto, mit dem einige Zuschauer am Spielfeldrand die Glanzparade des Göttinger Torwarts auf einem selbst gemalten Plakat feierten.

Zum Ende der regulären Spielzeit blieb es nach dem Ausgleich durch „Arlind Halitaj“, wie der 05er Torschütze vom Stadionsprecher fälschlicherweise als Akteur des Bovender Aufgebots identifiziert wurde, beim leistungsgerechten 1:1. Umgehend kam es zum Elfmeterschießen, das uns in der ersten Pokalrunde gegen die JSG Harztor bereits den Sieg einbrachte. Leider hatte ich die 17 kleinen Schornsteinfeger vergessen, mit denen uns die Harzer Ende Mai zum Staffelsieg gratulierten und Glück für die Endspielwochen wünschten. Immerhin war die Ausrede für eine mögliche Niederlage damit gefunden und wir konnten ganz entspannt in den Nervenkrimi einsteigen. Andreas Schertovski und Alex Probst trafen souverän, doch leider taten es uns die 05er gleich und verwandelten allesamt bombensicher. So avancierte Pascal Schröder zum tragischen Helden: Sein kraftvoller Schuss prallte gegen die Torlatte – es sollte der einzige Fehlschuss des Tages bleiben. Das Spiel war damit verloren, doch nach einigen Minuten der Trauer besann sich das Team schnell auf die positiven Aspekte der Niederlage, obwohl es streng genommen keine gab.

Pascal nahm den weiteren Verlauf des Abends mit einer gesunden Portion Selbstironie: „Daniel, wenn hinter dem Tor das Gitter offen gewesen wäre, hätte ich gleich nach Hause durchstarten können“, kommentierte er den Lattentreffer. Auch der Trainer hatte einen guten Rat auf Lager: „Pascal nimmt die Trikots nicht mit zum Waschen, der trifft die Maschine nicht“. „Zu Hause sind die Tore größer“, stellten wir einige Stunden später fest, als wir bei Pizza und kühlen Getränken am Bovender Sportplatz den Vize-Titel feierten. Zu einem Running-Gag entwickelte sich dabei das Spiel, möglichst dumme Sprüche zum Thema „Torlatte“ zu finden, um den immer noch spürbaren Ärger bei unserem Torjäger etwas abzumildern und die Stimmung positiver zu gestalten.

Hier die TOP 5:

5. „Lass mal Lattenschießen machen!“ – „Brauchen wir nicht, der Gewinner steht schon fest.“
4. „Ich verstehe Pascal nicht. Der redet glaube ich Latt-ein“.
3. „Pascal, trink lieber mehr, dann bist Du bald lattenstramm“.
2. „Google mal Latten-Witze! Gib einfach „Pascal“ ein.“
1. „Dass Pascal verschossen hat, ist ihm glaube ich latte.“

Auch Pascal selbst hatte seinen Humor bald wiedergefunden. Als es um die Aufnahme der Pizzabestellung ging, merkte er an: „Ich nehme eine Pizza Margherita. Die hat nichts drauf, genauso wie ich beim Elfmeterschießen.“

Und bei allen Toren, mit denen uns Pascal im Laufe der Saison half, die Kreismeisterschaft zu holen: Gestern bewies er, dass er trotz so mancher Sprüche ein Teamplayer ist, der über sich selbst lachen kann und auch in schwierigen Phasen immer zur Mannschaft steht. Andere Spieler wären nach einem Fehlschuss womöglich umgehend nach Hause gefahren, doch „Calli“ feierte gemeinsam mit uns eine tolle Saison, zu der er selbst viel beitrug. In der kommenden Woche wird er uns in den Aufstiegsspielen gegen die JSG Sülbeck leider urlaubsbedingt fehlen, doch nach der Sommerpause geht er bei den Herren auf Torejagd.

In diesem Sinne: Glückwunsch an den SC Göttingen 05 zum Kreispokalsieg.
Die letzten Worte gehören natürlich Pascal selbst:
„Beim Elfmeterschießen wollte ich den Torwart voll verarschen. Ist mir auch gelungen, denn er dachte, der Ball geht rein.“