In einem meiner Lieblingstexte von Max Goldt, namens „Wege zum Ernährungsextremismus“, beschreibt der Autor in bildhafter Sprache einen Typus Mensch, der die vegane Lebensweise in gesteigerter, extremer Form praktiziert. Der sogenannte „Extrem-Frutarier“ verzichtet nicht nur auf den Genuss gesunder Obst- und Gemüsesorten, sondern weigert sich zudem, leckere Äpfel oder köstliche Salatköpfe auch nur mit nackten Augen anzuschauen, da menschliche Blicke den Vitaminspendern wertvolle Energie entziehen würden. 

Von Daniel Vollbrecht (Bovender SV)

Stünde ein Extrem-Frutarier in unserem Kader, hätte er am heutigen Abend beim versehentlichen Anblick der prall gefüllten Obst- und Gemüsebox einen mittelschweren Kreislaufkollaps erlitten. Das rührige Betreuerduo Gerlinde und Micha hatte groß aufgetischt und neben den gewohnten Melonen, Ananasscheiben und Tomaten auch frisch geernteten Kohlrabi eingepackt. Alteingesessene Traditionalisten mögen nun einwerfen, die verwöhnten Jungprofis sollten doch bitte „Fußball spielen und kein Obst fressen“. Auf dem Platz agierten wir die ersten 30 Minuten allerdings so, als hätten wir seit Wochen keine gesunde Mahlzeit zu uns genommen -entsprechend lethargisch dehydrierten wir herum, wie ein Extrem-Frutarier auf der verzweifeltenSuche nach einer gegrillten Baumrinde.
Der FC Grone wäre kein Landesligist, wenn er die angebotenen Geschenke nicht stringent ausgenutzt hätte. So lagen wir bereits nach fünfzehn Minuten mit 0:2 im Hintertreffen, ohne zuvor einen eigenen brauchbaren Angriff zustande gebracht zu haben. Insbesondere mit den diagonalen Seitenverlagerungen der Gastgeber hatten wir diverse Probleme, die erst abnahmen, als wir ab der 30. Minute den Ball länger in den eigenen Reihen hielten und in Ansätzen schnelle, direkte Pässe an den Mitspieler brachten.

Die Wende zum Guten begann jedoch vor allem nach dem Seitenwechsel. In der Pause gab es zunächst eindeutige Worte aus dem Mund des Teilzeit-Vegetariers Simo Siric (jedes Jahr ein paar Wochen vor Ostern), bevor er gemeinsam mit Vollzeit-Fleisch-Lover Andreas Riedel ein paar taktische Umstellungen verkündete. Fortan verteidigte nur noch eine Dreierkette, die nach Ballverlusten dank defensiv einrückender Außenspieler flugs zu einer Fünferkette mutierte. Da wir mit zwei 6ern auch im Zentrum zusehends die Kontrolle gewannen, erspielten wir uns verdientermaßen mehrere Torgelegenheiten, von denen lediglich eine durch Timo Hichert (Elfmeter) genutzt wurde. Neben ihm meldeten auch Luca Gleitze und Moritz Gieße Ambitionen auf die Ausführung des Strafstoßes an – ein erfreuliches Zeichen für gewachsenes Verantwortungsbewusstsein innerhalb des Teams.
Langjährige Beobachter des Bovender Fußballs sahen in den zweiten 45 Minuten die spielerisch beste Präsentation des BSV der letzten Jahre. Dies überraschte, da einerseits durchaus einige wichtige Stammspieler fehlten, uns andererseits mit dem FC Grone ein sehr starker Gegner die Stirn bot. Die Brinkwerth-Elf wird in dieser Form in der Landesliga eine gute Rolle spielen. Unsere Mannschaft muss nur noch lernen, sich für engagiertes, technisch versiertes Spiel auch zu belohnen. Helge Kaden scheiterte im Eins vs. Eins gegen den Torwart, Dominic Reimanns Schussköpfte Jabril Jamal noch von der eigenen Torlinie.
Quasi mit dem Schlusspfiff setzte es nach einem Konter den 1:3 Gegentreffer, ebenfalls per Elfmeter, dem ein Foul von Julien Renno vorausgegangen war. Julien erklärte sich abends zuvor im leicht angeheiterten Zustand bereit, den heutigen Spielbericht zu schreiben, doch nach Abpfiff trat er mangels physischer Reserven von dieser Herausforderung zurück. Zur Strafe servieren wir ihm nächste Woche einen Kohlrabi-Smoothie, den er im Stile eines radikalen Extrem-Frutariers weder angucken noch trinken darf.
„Hast Du Scheiße am Fuß….“ lautet ein mittlerweile bis zur maximalen Scheißerei zitiertes Sprichwort, das seinen Wahrheitsgehalt heute leider erneut offenbarte. Nicht nur vergaben wir gute Torchancen zum verdienten Ausgleich, sondern verletzten uns auf dem Weg ins Sporthaus noch selbst. Abteilungsleiter Volltrottel kletterte bei einsetzender Dunkelheit todesmutig über das abgeschlossene Gitter, welches den Weg zum Geräteraum des Bovender Sporthauses versperrte. Beim beherzten Sprung zog es plötzlich bedrohlich im rechten Wadenbein, so dass sich zur vorhandenen Achillessehnenreizung noch eine leichte Zerrung hinzugesellte. Wo ist der Kohlrabieis-Wickel, wenn man ihn mal braucht?
Am Dienstag oder Mittwoch, abhängig vom Ausgang der morgigen Spiele, sehen wir uns wieder: das Viertelfinale im SPK-Cup mit Bovender Beteiligung steht an.

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