Acht Stunden Dauerregen, Temperaturen, die sich gefühlt in arktischen Dimensionen bewegen und menschenleere Straßen: Was sich wie das gelungene Setting für einen düsteren Skandinavien-Krimi mit missmutigen Kommissaren und psychisch gestörten Serienkillern anhört, war die Kulisse des A-Junioren-Kreisligaspiels zwischen dem Bovender SV und der JSG Badenhausen/Gittelde/Eisdorf am Mittwochabend auf dem Kunstrasenplatz am Südring.

Von Daniel Vollbrecht (Bovender SV)

„Mich kriegen keine zehn Pferde vor die Tür“ lautet ein beliebtes Sprichwort, das die Priorisierung heimischer Gemütlichkeit auf dem Sofa gegenüber vorabendlicher Körperertüchtigung in freier Natur auf den Punkt bringt. Diesem Gedankengang folgte auch der angesetzte Schiedsrichter, der sich zur Anstoßzeit mit seinem Nachwuchs pädagogisch wertvolles Kinderfernsehen „reinzog“. Zehn Pferde konnten nichts ausrichten, wohl aber der Bovender Trainer, dessen telefonische Intervention Früchte trug. Binnen 10 Minuten stand der Unparteiische umgezogen und tatendurstig auf dem Platz – Respekt für das perfekte Zeitmanagement.

Der BSV ging ersatzgeschwächt in die Partie. Gleich 5 Akteure weilten auf Klassenfahrt, weitere 4 Spieler beabsichtigten, die 90 Minuten im reduzierten Schongang zu absolvieren, da am anderen Morgen die wichtige praktische Sportabiprüfung auf dem Stundenplan stand.Aber auch der Gegner musste auf 4 Stammspieler verzichten, so dass zu Beginn beidseitige Unsicherheit über die zu erwartende Leistungsstärke herrschte.

Nicht jedoch bei Startelfdebütant Hasan Bidi. Der Neuzugang setzte den gegnerischen Keeper unorthodox stürmisch unter Druck, provozierte einen Pressschlag und staubte im „Mario Gomez Style“ zu dessen besten Zeiten ab – also nicht aus zwei Metern gekonnt über das Tor (remember Euro 2012), sondern satt in die Tormitte. „Das war das goldene Tor“, resümierte Bidi innerlich, denn wer konnte schon ahnen, dass die Bovender in den restlichen 83 Minuten noch 16 weitere Treffer erzielen würden. Statistisch relevant waren die Tore 2 bis 17 dennoch, schließlich hatte Mittelstürmer Pascal Schröder („In der A-Jugend jeder Schuss ein Tor, in der 2. Herren jeder Schuss ein Gruß an vorbeiziehende Wolken“) das Ziel, zum in der Torjägerliste führenden 05er Colin Onwusonye aufzuschließen. Als er in der 12. Minute das 2:0 markierte, wies er den Schiedsrichter auf die vertauschte Rückennummer im Spielbericht hin, ansonsten hätte nämlich Felix Weichert, verletzungsbedingt 90 Minuten die Bank anwärmend, sein Torkontingent ungewollt erhöht.

Gegen den unterlegenen, aber jederzeit sportlich fair auftretenden Gegner gelang an diesem Tage einfach alles. Antonio Batinovic und Fiete Ahlborn, beide ein halbes Jahr ohne jede Spielpraxis, führten sich bestens ein, wobei der kroatische 1,4er Abiturient nach 55 Minuten mit einer Bänderverletzung vorzeitig die warmen Duschen aufsuchen durfte. Ahlborn hinterließ dagegen nicht nur mit seiner stets präsenten Multipackung Taschentücher Eindruck, sondern sorgte auf dem rechten Flügel für wirkungsvolle Offensivvorstöße. Es hätte eigentlich jeder Spieler gesonderte Würdigung verdient, deshalb ist die ressourcenbedingte Beschränkung des Autors (3425 zulässige Tastenanschläge pro Tag) mehr als ärgerlich. Weitschuss-Spezialist Giovanni Santariello kam mit satten 7 Toren dem nunmehr aktuellen Torschützenkönig Pascal Schröder bedrohlich nahe und Andreas Schertovski erzielte im 4. Jahr beim BSV sein allererstes Feldspieltor überhaupt. Deshalb an dieser Stelle die ausführliche Re-Live Kommentierung: „Es läuft die 87. Minute, Fiete Ahlborn setzt sich am linken Flügel durch, kratzt sich am linken, anschließend am rechten Schienbein und setzt Pascal Schröder in Szene. Dieser dringt in den Strafraum ein, protokolliert bereits gedanklich sein 6. Tor des Abends…doch wird im letzten Moment von den Beinen geholt. Elfmeter! BSV-Trainer Vollbrecht greift ein und beordert Andreas Schertovski nach vorne, der mal wieder ein unglaublich abgeklärtes Spiel in der Innenverteidigung gezeigt hat. Andi kann sein Glück kaum fassen und geht mit großem Selbstbewusstsein („Ich verschieße doch eh…“) in Richtung Elfmeterpunkt. Er zieht sich sein Trikot über den Kopf, mag selbst nicht hinsehen…läuft an…und schlenzt den Ball in den rechten oberen Torwinkel!!!! Traumtor! Der verdiente Lohn für mehr als drei Jahre harte mannschaftsdienliche Kämpferei in der Innenverteidigung.

Neben Fußballgott Schertovski verdienen weitere bemerkenswerte Aktionen eine Erwähnung. Hasan Bidis technisches Kabinettstücken (Ballannahme mit dem rechten und gleichzeitiger Pass mit dem linken Ei), Jannis Davids Allround-Fußballschuhe für alle Plätze („Ich habe nur Hallenschuhe, gib mir bitte Geld für neue…“), Keeper Dominik Hildmanns Live-Kommentar des kompletten Spiels („Dome, halt doch endlich mal deine Klappe!“ ;)) und die verwegene Erkenntnis eines anwesenden Zuschauers („Gut, dass wir vorher kein Trinkspiel – einen Kurzen bei jedem Tor – vereinbart haben.“).
Ein großes Lob geht zum Abschluss an das faire Verhalten des Gegners. Wo andere Teams im Gefühl der klaren Niederlage möglicherweise Frustgrätschen angebracht oder einen Beleidigungsflatrate-Vertrag unterschrieben hätten, spielten die Harzer unaufgeregt zu Ende und gratulierten den Bovendern zum Erfolg. Vorbildlich und zur Nachahmung empfohlen – denn es soll sogar schon Herrenteams gegeben haben, die beim 0:6 den Platz verließen, um das eigene Torverhältnis nicht nachhaltig zu ver*****.

Am Samstag dürfte das Ergebnis deutlich knapper ausfallen. Dann reist der BSV und sein abermals überragender Kapitän Felix Duhm in den Harz, mit dem Ziel, im Spitzenspiel gegen den Tabellenzweiten JSG Harztor die Herbstmeisterschaft vorzuentscheiden. Bei prognostizierten 18 Grad können dann auch die zehn Pferde locker im Stall bleiben.