Oliver Gräbel wurde, besonders überraschend für die Verantwortlichen seines ehemaligen Vereins SV Germania Breitenberg, vor einer Woche als Trainer des Landesliga-Absteigers 1. SC Göttingen 05 vorgestellt. Damit wurde er Nachfolger von Jan Steiger, der in die Nachwuchs-Arbeit wechseln wird. Über Gräbels Intensionen und Motive, seine ersten Eindrücke und seine Ziele sprach Gökick Fußballprojekt mit dem 44-jährigen, zukünftigen Übungsleiter des schwarz-gelben Verein, der seine offizielle Arbeit am 1. Juli aufnimmt, aber bereits jetzt in viele Entscheidungen involviert ist.

Gökick: Wie kam Göttingen 05 auf dich als Trainer?

Oliver Gräbel: Der Kontakt mit Jan Steiger war nach dem Aus auf dem Hagenberg nie ganz abgebrochen. Gelegentlich hat man sich getroffen und ausgetauscht. Vor zwei oder drei Wochen kam das Gespräch dann auch ganz locker auf Göttingen 05 und Jan hat mich ganz unverbindlich gefragt, ob ich mir ein Engagement vorstellen könnte. Ich habe mich zwar geehrt gefühlt, doch habe ich nicht geglaubt, dass es auch konkret werden könnte. Als dann die Gespräche intensiver wurden und mir ein wirkliches Angebot vorlag, musste ich lange überlegen und mehrere Nächte darüber nachdenken. Aber: Man müsste dumm sein, wenn man über ein solches Angebot nicht nachdenken würde.

Gökick: Was bedeutet Göttingen 05 für dich?

Oliver Gräbel: Göttingen 05 ist Göttingen 05. Der Verein wird geliebt und gehasst. Er ist und bleibt, egal in welcher Liga, in aller Munde. Göttingen 05 ist der Traditionsverein der Region. Egal, wo man sich als Fußballer aus Göttingen outet, es fällt zwangsläufig der Name Göttingen 05. Damit verbindet man Tradition und Leidenschaft. Auch, wenn es ihn ein paar Jahre nicht gab, lebt in ihm doch die Seele des 1905 gegründeten Sportclubs.

Gökick: Du hast ein erfolgreiches Jahr in Breitenberg hinter dir. Gehst du in Wehmut?

Oliver Gräbel:
Die Entscheidung, den Breitenberg zu verlassen, ist mir vor allem wegen der wunderbaren Jungs dort so schwer gefallen! Auch wenn wir das Ziel des direkten Wiederaufstiegs nicht erreicht haben, war es ein grandioses Jahr – vor allem wegen des Umfelds und des Charakters der Mannschaft. Zweimal waren wir gemeinsam im Trainingslager, da sind wir stark zusammen gewachsen, das Team ist unfassbar gut. Ich habe das Jahr wirklich genossen, habe wunderbare Menschen kennen gelernt. Ich weiß, dass der Abschied von meiner Seite besser hätte laufen müssen. Doch als es konkret wurde mit 05, ging es dann recht schnell. Bis Dienstag-Abend (13. Juni) konnte ich nicht davon ausgehen, dass ich der Wunschkandidat von 05 bin. Der Verein hatte schließlich auch mit mehreren Kandidaten gesprochen. Dann am Dienstag die schnelle Einigung. Ich kann aber den Unmut auf dem Breitenberg verstehen, im Prinzip ist er auch gerechtfertigt. Allerdings sind die Vorwürfe, finanzielle Gründe hätten für meinen Wechsel eine Rolle gespielt, falsch. Ich habe seit 30 Jahren einen gutbezahlten Job bei der Bahn, bin nicht käuflich. Es ging mir vor allem um den sportlichen Reiz der neuen Aufgabe.

Gökick: Welche Gründe trugen deine Entscheidung?

Oliver Gräbel: Erstens trainiere ich eine Klasse höher, was sportlich anspruchsvoller ist, zweitens besitzt 05 eine ambitionierte Mannschaft mit Spielern, die ich schon trainiert habe. Drittens reizt mich die Chance, einen Traditionsverein wieder dahin führen zu können, wo er hingehört, wieder Ruhe einkehren zu lassen. Mein Motto könnte lauten: Lieber selbst mit anpacken, als ständig nur mit dem Finger drauf zu zeigen! Für mich ist es viertens als Trainer eine Chance, zu zeigen, dass ich nach dem SC Hainberg und GW Hagenberg auch bei einem Verein mit hohen Ansprüchen erfolgreich arbeiten kann.

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Gökick: Welche Ziele hast du?

Oliver Gräbel: Unabhängig von konkreten Tabellenplatzierungen möchte ich mein Ziel ganz einfach „Erfolg“ nennen. Viele der 05-Spieler haben in den letzten vier Jahren fast durchgängig auf die Fresse bekommen. Deshalb definiere ich Erfolg so, dass das Team erstmals in Ruhe arbeiten kann, wir etwas entwickeln können und Kontinuität in die Arbeit bekommen. Die Jungs sollen wieder Spaß am Fußball bekommen, der Mannschaftsgeist soll sich entwickeln. Das kannst du nicht, wenn du nur mit dem Rücken zur Wand stehst. Wenn dabei Siege herauskommen und die Chance besteht, oben mitzuspielen, habe ich sicher viel erreicht.

Gökick: Gibt es keine Zielvorgaben des Vereins?

Oliver Gräbel: Nein. Aber jeder, der mich kennt, weiß, dass ich ambitioniert bin. Jeder Experte wird uns für die Favoriten in der Bezirksliga halten, dagegen kann ich mich nicht wehren. Aber wir müssen nicht auf Teufel komm raus aufsteigen.

Gökick: Kennst du deine neue Mannschaft?

Oliver Gräbel: Zum Teil. Mit einigen Spielern habe ich schon zusammen gearbeitet. Einige Spiele der vergangenen Spielzeit habe ich beobachtet. Ich kann mir ein gutes Bild der aktuellen Mannschaft machen.

Gökick: Wirst du an der taktischen Grundordnung etwas ändern?

Oliver Gräbel: Wenn ich nichts ändern würde, würden wir vielleicht schnell dort stehen, wo wir nicht mehr stehen wollen. In der neuen Liga werden sicherlich nicht alle Teams gegen uns das offene Spiel suchen, werden die Räume verengen. Da wir also oft zwangläufig das Spiel machen müssen, wird ein guter Ballbesitz-Fußball nötig sein.

Gökick: Jan Steiger hat deine Verpflichtung eingefädelt. Er war aber an deiner Demission auf dem Hagenberg beteiligt. Wie ist euer Verhältnis?

Oliver Gräbel: Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, ich wäre damals nicht enttäuscht gewesen. Wie sich im Nachhinein herausstellte, war es ja eine falsche Entscheidung der Verantwortlichen auf dem Hagenberg. Fußball ist aber ein kurzlebiges Geschäft. Es wurde unter Männern ausgeräumt, Thema beendet.

Gökick: Wie wird die Vorbereitung mit dem neuen Team aussehen?

Oliver Gräbel: Wir werden am Dienstag, den 27. Juni mit der Vorbereitung beginnen. In der Saison trainieren wir dreimal wöchentlich im Maschpark, in der Vorbereitung öfter. Unser erstes Spiel ist der so genannte Derby-Cup am 1. Juli bei der SVG. Anschließend spielen wir beim Sparkasse Göttingen-Cup. Vom 7. bis zum 9. Juli reisen wir zu einem Trainingslager auf den Silberborn. Mein spielender Wunsch-Co-Trainer wird Philipp Käschel sein. Ein Torwart-Trainer soll noch folgen.

Gökick: Wer wird Kapitän des Teams werden?

Oliver Gräbel: Das entscheide ich im Laufe der Vorbereitung. Ich halte nichts von einer Wahl durch die Mannschaft. Meist kristallisiert sich in den ersten Wochen heraus, wer der geeignete Mann für den Job ist.

Gökick: Wir hatten den 05-Verantwortlichen in einem Beitrag fehlende Strukturen für erfolgreichen Fußball vorgeworfen. Was wirst du im einem solchen Fall unternehmen?

Oliver Gräbel: Ich möchte mit meiner Erfahrung überall helfen, wo man diese Hilfe benötigt. Ich nehme kein Blatt vor den Mund, versuche meinen Platz im Verein zu finden. Wenn es Verbesserungsbedarf gibt, werde ich das ansprechen und Lösungsvorschläge anbieten. Unter Männer kann doch alles besprochen werden. Jetzt gilt es aber zuerst, das Vertrauen des Vereins in meine Person zu rechtfertigen. Mein Wunsch ist es, dass man mich in Ruhe meine Arbeit machen lässt. Ich werde 100 Prozent und noch mehr für meinen Job geben und wenn die Zeit gekommen ist, lasse ich mich gern an den Ergebnissen meiner Arbeit messen.

Gökick: Du kannst dir sicher sein, dass wir die 100-Tage Schonzeit für neue Trainer bis zum 8. Oktober einhalten werden! Wir wünschen dir viel Erfolg und viel Loyalität deiner Mitarbeiter!

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